Kirche sein – auch mit weniger Mitteln

18.7.2013

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18. Juli 2013 von Manfred Rekowski Liebe Blog-Leserinnen und Leser, vielen Dank für Ihre Kommentare und Anmerkungen zu meiner Videobotschaft. Soviel vorab: Als Kirchenleitung ist uns die Entscheidung ...

18. Juli 2013 von Manfred Rekowski

Liebe Blog-Leserinnen und Leser,

vielen Dank für Ihre Kommentare und Anmerkungen zu meiner Videobotschaft.

Soviel vorab: Als Kirchenleitung ist uns die Entscheidung für diesen Sparprozess nicht leicht gefallen. Es geht nicht nur um „die“ Kirche, sondern um Menschen, die sich in ihrem Berufsleben entschieden haben, für ihre Kirche zu arbeiten. Die sich abzeichnenden Kürzungen sind schmerzlich, dessen sind wir uns bewusst, aber ein Verzögern notwendiger Entscheidungen würde niemand helfen.

Wir wollen den Sparprozess so transparent wie möglich gestalten. Wir sind auf einem Wege, auf dem viele Entscheidungen noch getroffen werden müssen, wir haben keine fertigen Rezepte. Daher bitte ich Sie auch um Ihre Begleitung durch Rückmeldungen und Kommentare.

Wenn wir gemeinsam Kirche sein wollen, müssen wir bei den Menschen sein. Auch wenn wir uns kleiner setzen müssen, bleiben wir dennoch Kirche Jesu Christi. Unsere Kirche ist eine sehr lebendige Kirche. Sie hört auf das Wort Gottes, vertraut und gehorcht ihm – so sagt es die Barmer Theologische Erklärung in ihrer ersten These. Das heißt Hören, Glauben und Tun gehören bei uns zusammen. Wer sich in unserer Kirche umschaut, der sieht eine verkündigende, seelsorgliche, spirituelle und diakonische Kirche. Unsere Kirche nimmt Weltverantwortung wahr, ist in der Bildungsarbeit tätig und tritt für das Lebensrecht auch der vergessenen Menschen und Völker ein. Auch mit weniger Mitteln kann es uns gelingen, in der seelsorglichen Begleitung, in der Verkündigung und der Seelsorge, Menschen anzusprechen, sie zu begleiten und ihnen den christlichen Glauben als Lebenshilfe nahezubringen.

Die aktuelle Entwicklung der Finanzsituation und des Mitgliederbestandes der Evangelischen Kirche im Rheinland kann man nur dann richtig einordnen, wenn man sich bewusst macht, wie die Entwicklungen in der Vergangenheit zu bewerten sind: Gerade in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg ist der Anstieg der Mitgliederzahlen auf den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge und Aussiedler zurückzuführen. Dies war ebenso wenig wie die geburtenstarken Jahrgänge in der Folgezeit Ergebnis einer „kraftvollen Glaubensbewegung“, wie ein weitgehend demografisch bedingter Mitgliederrückgang heute eine „Abfallbewegung vom Glauben“ ist.

Wenn ich vereinfacht von „Kassensturz“ spreche, dann meine ich, eine gründliche Interpretation der finanziellen Situation der EKiR. Dies betrifft den landeskirchlichen Haushalt, die Rücklagen und die bestehenden finanziellen Verpflichtungen.

Es geht dabei in der Tat nicht um Schuldige, sondern um Ursachen. Zwei Punkte will ich dabei hervorheben: Die finanziellen Verpflichtungen, die die EKiR für die landeskirchlichen Pfarrerinnen und Pfarrer in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Blick auf die zukünftig zu zahlenden Versorgungsleistungen eingegangen ist. Auch haben wir mit enormen finanziellen Verpflichtungen bei der Beihilfe zu rechnen. Dies darf nicht nur beschrieben werden, sondern es muss Vorsorge geleistet werden. Andernfalls hinterlassen wir der nachfolgenden Generation eine Last, die ihr jede Handlungsfähigkeit nimmt.

In Kommentaren haben Sie nach konkreten Zahlen zu bestimmten Bereichen gefragt, darauf wird Vizepräsident Johann Weusmann in diesem Blog heute Abend antworten.

Angesichts der finanziellen Situation, insbesondere angesichts der bestehenden finanziellen Verpflichtungen, gehen wir davon aus, dass wir Ausgabenkürzungen oder Einnahmesteigerungen so früh wie möglich vornehmen müssen und uns zugleich sehr intensiv um sozialverträgliche Lösungen bemühen müssen.

Richtig ist auch – wie jemand kommentiert hat –, dass die EKiR einen Betrag von 21 Mio. zur Rettung einer kircheneigenen Firma einsetzen musste. Die Frage, ob die EKiR sich zukünftig an Unternehmen beteiligen soll, wird zurzeit durchaus lebhaft diskutiert. Hier sind wir in einem Lernprozess.

Auf landeskirchlicher Ebene sind – ebenso wie in den Kirchenkreisen und Kirchengemeinden – auch in der Vergangenheit viele Entscheidungen zu Strukturveränderungen und Haushaltskonsolidierung getroffen worden. Dass wir sparen müssen, ist nichts Neues, sondern Umfang und Zeitplan müssen neu bestimmt werden. Ich bin sehr davon überzeugt, dass unsere Kirche auch mit geringeren finanziellen Mitteln die Botschaft von Christus, dem Liebhaber des Lebens, vernehmbar ins Gespräch bringen wird.

Ich sehe bei allen bedauerlichen Einschnitten und schmerzhaften Abschieden, die uns bevorstehen, auch Chancen für eine neue Ausrichtung. Viele, die in unserer Kirche aktiv sind, spüren zum Beispiel sehr deutlich, dass „unser Betrieb“, seine Organisation und Leitung sehr viele Kräfte binden. Als Gemeindepfarrer habe ich beispielsweise durchaus nicht unerhebliche Zeitanteile mit nicht-pastoralen Aufgaben zubringen müssen. Ich hoffe, dass die nun beginnende Diskussion um die „Pfarrbilddiskussion“ („Zeit fürs Wesentliche – Perspektiven auf das Pfarramt“) uns hier weiterbringt. Gegen eine grundsätzliche und zielgerichtete Diskussion über die Reduzierung von aufwandintensiven Prozessen habe ich überhaupt nichts einzuwenden.

Besonders möchte ich noch auf die Frage eines Vikars eingehen, der anonym bleiben möchte. Vikarinnen und Vikare ebenso wie Theologiestudierende haben angesichts der anstehenden Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge eine gute berufliche Perspektiven in der EKiR.

Die finanzielle Situation der Kirchengemeinden und Kirchenkreise ist sehr unterschiedlich. Deswegen sind wir auch im Umgang mit Finanzfragen nicht im Gleichschritt unterwegs. Auch besteht kein Automatismus zwischen der landeskirchlichen Ebene und der Ebene der Kirchenkreise. Wohl aber müssen alle Kirchengemeinden und Kirchenkreise überlegen, welche Maßnahmen auf ihrer Ebene erforderlich sind. Nach meiner Wahrnehmung sind hier viele Gemeinden und Kirchenkreise schon sehr weit.

Im ersten Petrusbrief (Kap. 2, 4-5) finden wir ein Bild der Kirche, dass wir Menschen lebendige Steine sind, die Gott zu seiner Kirche zusammenbaut. Gemeinsam sind wir Kirche Gottes. Wenn Kirche gebaut wird, gehört dazu auch verantwortliches Planen. Mit der für Ende September geplanten „Zukunftswerkstatt“, der geplanten außerordentlichen Landessynode und dem weiteren Beratungsprozess wollen wir in der Tat einen breiten und offenen Diskussionsprozess eröffnen, in dem es um das zukünftige Bild unserer Kirche (insbesondere auf der landeskirchlichen Ebene) gehen wird. Es geht nicht um finanztechnische Fragen, sondern um die zukünftige Gestaltung finanzierbarer kirchlicher Arbeit.

Ihr
Manfred Rekowski

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