Mein Glaube hält das aus

28.10.2014

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Präses Manfred Rekowski 28. Oktober 2014 von Manfred Rekowski Darf Religion Gegenstand von Witz sein? Darf sie der Kabarettist durch den Kakao ziehen? Ist es dem Satiriker erlaubt, über ...

28. Oktober 2014 von Manfred Rekowski

Darf Religion Gegenstand von Witz sein? Darf sie der Kabarettist durch den Kakao ziehen? Ist es dem Satiriker erlaubt, über sie zu spötteln und zu spotten?

Für mich ist das keine Frage: Dreimal ja.

Ich bin Demokrat, deswegen ist für mich klar: Kabarett und Co genießen den Schutz der freien Meinungsäußerung. Unser Grundgesetz schützt dieses fundamentale Recht genauso wie die großartige Freiheit, dass ich meine Religion ausüben kann.

Ich bin Christ und Pastor, deswegen weiß ich: Diese Freiheit, also Witz, Kabarett und Satire, tun oft weh – wen wundert’s? Mir ja auch.

Aber Grundgesetz und Gott sei Dank: Der Spott hindert mich eben nicht daran, meine Religion zu leben, in die Kirche zu gehen und laut und öffentlich zu sagen, woran ich glaube. Meine Religion, mein Glaube halten nicht zuletzt auch deswegen die Spötter aus.

Und übrigens: Schon in der Bibel wird Jesus als „Fresser und Weinsäufer“ verspottet. Der hat das ausgehalten. Dann muss ich mich sicher auch nicht aufregen.

Beiträge zu “Mein Glaube hält das aus

  1. Wenn Präses Rekowski mit diesem Blog-Beitrag Dieter Nuhr unterstützen möchte – warum sagt er das dann nicht deutlich? Jener Kabarettist ist ja aktuell von salfistischer Seite angezeigt worden, laut idea wegen zweier kritischer Sätze zum Koran und zum muslimischen Frauenbild: http://tinyurl.com/luqrnqy

    Bei aller Sympathie mit jener Religion und ihren bei uns lebenden Anhängern, über deren (partielle) Gewalt-Akzeptanz man allenfalls weinen kann: gerade die salafistische Richtung wird durch Nuhrs Äußerungen trefflich beschrieben. Mehr davon?!

  2. Genau der „Fresser und Weinsäufer“ Jesus fiel mir ein, als ich von dieser Diskussion hörte. ER hat das ausgehalten, unser Glaube hält das auch aus, und nicht nur das: Kabarettisten von der Couleur eines Dieter Nuhr lassen uns mitlachen über manch komische Ausprägung unseres eigenen Glaubens.
    Eins ist bei D.N. aber zu unterstreichen, das ist sein Mut, seine Courage den Islam nicht auszusparen. Kardinal Meissner mit Spott zu bedenken, war in dessen letzter Dienstzeit wohlfeil. Bei diesem Thema Islam steht D.N. fast ganz allein. Deshalb: Respekt vor seiner Zivilcourage! Vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in unserer Zeit, ein Kabarettist Gefahr läuft, für seine Worte „was auf die Fresse zu kriegen“.
    Ernst-Jürgen Albrecht

  3. So traurig die Ablehnung Jesu in Wirklichkeit immer ist, der Glaube kann den Spott, er sei „Fresser und Weinsäufer“ leicht aushalten; aber nur aus einem Grund: Weil dieser Vorwurf falsch ist!
    Aufregender wäre: wie reagiert denn der Glauben auf das, womit Jesus selbst die Religionsbeamten seiner Zeit verspottet (Mk 12,40): dass sie nämlich die Häuser der Witwen fressen und zum Schein lange Gebete verrichten?

  4. Wieder einmal sind wir von hehren Bekenntnissen zur Meinungsfreiheit umgeben. Aber wer ist eigentlich in der Lage, mehr als nur jenen ersten Halbsatz aus GG Art. 5 Abs. 1 aus dem Gedächtnis zu zitieren? „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten…“ – das ist doch nur die erste Hälfte von Satz 1. Die Fortsetzung interessiert die allerwenigsten: „… und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

    Es herrscht also nicht nur Meinungs- sondern auch Informationsfreiheit. Und normalerweise muß man sich auch erst einmal aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert unterrichten, um sich eine Meinung bilden zu können, die man dann in Wort, Schrift und Bild frei äußern und verbreiten kann. Das heißt: Qualifizierte Inanspruchnahme von Meinungsfreiheit erfordert meist einiges an Vorarbeit, und die sparen viele sich gern, plappern lieber anderen nach dem Mund und halten das für eine eigenständige Meinung.

    Ergebnis sind dann häufig solche rhetorisch dilettantisch präsentierten Platitüden zum Thema Islam, wie man sie z.B. von Dieter Nuhr kennt. Mangels eigener Beschäftigung mit der Materie sind sie notgedrungen pauschalisierend, weshalb die Grenze des guten Geschmacks, mitunter auch die zur Verunglimpfung, immer mal wieder überschritten wird. Mit staatsbürgerlicher Verantwortung und demokratischer Reife hat das wenig zu tun. Ich fürchte nur, daß die Lacher, die stets dann pflichtschuldigst ertönen, wenn Nuhr eine seiner suggestiven Atempausen einlegt, nicht vom Band kommen, sondern wirklich echt sind.

    Satire, Witze und (auch beißender) Spott können durchaus intelligent sein. Dann gehören sie zu den wertvollsten Stimmen im freiheitlichen demokratischen Diskurs. Eingehende Kenntnisse davon, was die Menschen bewegt, die da thematisiert werden, und was bei ihnen schief läuft, sind eigentlich eine selbstverständliche Geste des Respekts vor ihnen. Wo dieser Respekt durch Nichtinanspruchnahme der Informationsfreiheit verweigert wird, klingen alle staatstragenden Bekenntnisse hohl.

    Schade, daß nach den Muhammad-Karikaturen nun abermals ein Konflikt zu einer Auseinandersetzung um die Meinungsfreiheit hochstilisiert wird. Damals wie heute geht es eigentlich um ganz andere Dinge. Das hätte eigentlich auch der Präses merken müssen.

  5. Komisch, dieses wahrlich positive Bekenntnis zur Demokratie und der demonstrativen Gelassenheit gegenüber ´“Witzbolden“.
    Warum aber zeigen hunderte Christen die Komikern Fr.Kebekus an, überhäufen sie mit Hassmails und Drohanrufen? Warum gehen Christen mit Anzeigen gegen Filmchen wie „Das Leben des Herrn Brian“ vor. Und warum haben die Kirchen dafür gekämpft, dass für sie Ausnahmen im Gleichbehandlungsgesetz kommen um Andersdenkende diskriminieren zu dürfen?
    Pieppiep sagen und Pieppiep machen ist ein Unterschied Herr Rekowski.

  6. Dreimal Ja.

    Dieter Nuhr pauschaliert die Probleme. Er unterschlägt, dass zwischen dem Islam des Koran und gelebten Islam einiger vorgeblicher Anhänger ein ebenso großer Unterschied wie zwischen Bibel und dem Handeln angeblicher Christen besteht. Aber in einem zweistündigen Programm ist eine solche Verkürzung wohl unausweichlich.

    Ob die Pauschalisierungen der Sache und nicht nur dem Lacher dienen, ist fraglich. In der Pauschalierung steht jedoch ein wahrer Kern, zu dem ein Verbot der Äußerung sicher die schlechteste und hilfloseste Antwort ist.

    Zum Beispiel hat die Frau im Koran mehr Rechte als die Frau in der Bibel und ist keineswegs entrechtet – im Sinne, dass sie keinerlei Rechte hätte. Vielfach haben Männer und Frauen gegeneinander unterschiedliche Rechte und Pflichten. Ob diese Verteilung fair ist, wird heute anders beurteilt als vor 1500 Jahren. Selbst in der westlichen Welt hat es bis zum Ende des letzten Jahrhundert gedauert, bis die Frau dem Mann rechtlich gleichgestellt war. Und die katholische Kirche ist immer noch einige Jahrzehnte hinter der weltlichen Entwicklung zurückgeblieben. Die praktische Entrechtung der Frau in der aktuellen Gesetzgebung islamischer Länder hat übrigens französischen Ursprung, da hat der „Islam“ vom Christentum gelernt.

  7. @Jürgen Berghaus Der deutsche Mitbürger, der Dieter Nuhr anzeigte, ist kein Salafist, sondern schlicht gläubiger Muslim, der die Mittel des Rechtsstaats und das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit in Anspruch genommen hat. Dass er deswegen wiederholt denunziert wurde, spricht für sich, dass Dieter Nuhr die Presse aussperren wollte (er nahm das dann zurück) und dass ein Journalist, der über die Vorfälle berichtete, Drohungen erhielt, ebenfalls. Im Übrigen ist es tatsächlich so, dass Dieter Nuhr zwar vorgibt, den radikalen „Islamismus“ kritisieren zu wollen, dass in seinem Programm und auch in seinen Texten aber zumeist vom „Islam“ gesprochen wird. Nachvollziehbar, wenn sich ein Anhänger dieses Glaubens beleidigt fühlt. Auch ein Christ würde sich nicht gern in eine Reihe mit gewalttätigen Fanatikern stellen lassen, die Bibel schwingend Morde begehen.

  8. Loriot über Satire (aus Interviews)

    Frage (Raimund Le Viseur): Was darf Satire?
    Loriot: Natürlich darf Satire alles. Sie muss sogar alles dürfen. Es bleibt dem Einzelnen überlassen, wie weit er meint, die Grenzen seines Taktgefühls abstecken zu müssen.
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    Frage (August Everding): Wo sind die Grenzen der Satire?
    Loriot: Die Grenze ist für mich die Taktlosigkeit. Ich würde es unverzeihlich finden, Komik entstehen zu lassen, in der andere leiden.
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    Frage: (Angelika Hellemann): Gibt es Themen, über die Sie keine Witze machen?
    Loriot: Ich kann mich nicht über Dinge amüsieren, die anderen heilig sind. Es ist verhängnisvoll, fremde Glaubensrichtungen nicht ernst zu nehmen. Ich finde es aber nicht schlimm, über den eigenen Glauben hier und da eine heitere Sicht durchblicken zu lassen. Ich glaube, dass der liebe Gott lachen kann.

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