Nicht vergessen: Regenschirm-Proteste in Hongkong

24.11.2017

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24. November 2017 von Barbara Rudolph Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Pfarrer Chu, Professor Chan, Pfarrerin Bettina Kurbjeweit (v.l.n.r.) Christlicher Glaube vollzieht sich nicht im Niemandsland, sondern führt zum ...

24. November 2017 von Barbara Rudolph

Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Pfarrer Chu, Professor Chan, Pfarrerin Bettina Kurbjeweit (v.l.n.r.)
Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Pfarrer Chu, Professor Chan, Pfarrerin Bettina Kurbjeweit (v.l.n.r.)

Christlicher Glaube vollzieht sich nicht im Niemandsland, sondern führt zum Engagement für Menschenrechte und die Zivilgesellschaft. In einigen Ländern der Welt hat solch ein Einsatz auch einen erheblichen Preis. Bei meinem Besuch in Hongkong traf ich mich auch mit Aktivisten der dortigen Demokratiebewegung, mit dem baptistischen Pfarrer Chu und mit Professor Chan. Sie gehören zu den geistigen Köpfen der Regenschirm-Proteste, die im Herbst 2014 Hongkong 79 Tage lang in Atem gehalten haben und über die weltweit berichtet wurde. Damals waren über eine Million, zumeist junger Menschen, auf die Straße gegangen, um nur mit Regenschirmen und Sitzblockaden für ein demokratisches Hongkong zu kämpfen. Die Wahlen haben dann die von der Regierung in Beijing protegierte Regierungschefin Carrie Lam an die Macht gebracht, die seitdem die Justiz bemüht, um gegen die Aktivisten vorzugehen. In der Hongkonger Öffentlichkeit werden diese Prozesse kaum wahrgenommen. Auch die weltweite Öffentlichkeit ist zurückhaltend. Professor Chan vermutet wirtschaftliche Gründe, um den Handel mit China nicht zu gefährden, schweigen auch die europäischen Regierungen.

Im Gespräch erklärte mir Professor Chan, sie hätten sich selbst bei der Polizei angezeigt wegen der Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration. Sie hätten maximal mit Ordnungsstrafen gerechnet, doch nun sind sie wegen schwerer Verbrechen – Störung der öffentlicher Ordnung, Aufruhr und konspirativer Verschwörung – angeklagt, dies könnte ihnen bis zu 21 Jahren Gefängnis bringen.

Der 73-jährige Pfarrer Chu erläuterte mir, er habe keine Angst um sich selbst, sei aber in Sorge um die Menschen in Hongkong, deren Rechte auf Meinungs- und Redefreiheit beschnitten werden. Seit der Demokratiebewegung auf dem Platz des himmlischen Friedens im Jahr 1989 hat er sich bereits für chinesische Aktivisten eingesetzt und ihnen geholfen. Zum 30. Jahrestag dieser Demonstrationen wird er wegen der Teilnahme an einer Demonstration vielleicht selber im Gefängnis sitzen.

Meine Gesprächspartner berichten mir, wie gerade junge Leute tief enttäuscht sind und resignieren. Sie fühlen, es gibt für sie keinen Platz in dieser Stadt Hongkong, weder in der Politik, noch in der Zivilgesellschaft, noch im wahrsten Sinne des Wortes – denn auch Wohnraum ist fast nicht bezahlbar in Hongkong. Vor drei Jahren waren die jungen Menschen voller Hoffnung, jetzt gehen sie noch nicht einmal zur Wahl und sind nur noch frustriert.

Mich beeindrucken der Mut und die Beharrlichkeit der beiden Aktivisten, wie sie trotz einer drohenden Gefängnisstrafe nicht klein beigeben, sondern sich weiter engagieren. Was ihnen die Kraft gibt? Ich vermute ihr Glaube, der sie zum Handeln motiviert. Von solchem Glauben können auch wir lernen. Und ich habe erlebt, wie ihnen unsere Solidarität gut tut. Die Partnerschaftsarbeit des Kirchenkreises Köln-Mitte gibt ihnen Kraft und zeigt ihnen, dass sie nicht vergessen sind. Auch wenn die Demokratiebewegung  nicht mehr in den Schlagzeilen ist und in Vergessenheit zu geraten droht, wissen sie, dass sie nicht vergessen sind. Diese Ausdauer ist das, was solch eine Partnerschaft so besonders macht. Zur Partnerschaft gehören auch Besuche, so wie dieser, den ich mit der Kölner Pfarrerin und Vorsitzenden des Kölner Partnerschaftsausschusses Bettina Kurbjeweit machen durfte.

Wir alle können etwas für die Demokratieaktivisten in Hongkong tun. Informieren Sie sich über die Demokratiebewegung in Hongkong, damit sie nicht dem Vergessen anheim fällt. Am 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte. Ich bitte Sie, dann auch für Pfarrer Chu und Professor Chan  und ihre Weggefährten zu beten. Sie brauchen Unterstützung in Vorbereitung ihres Prozesses im kommenden Jahr. Schließen Sie sie in ihre private und öffentliche Fürbitte ein.

PS: Das Foto zeigt v.l.n.r.: Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Pfarrer Chu, Professor Chan, Pfarrerin Bettina Kurbjeweit

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