Passionszeit: Jesus wird in Syrien gekreuzigt

19.2.2016

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Ökumenische Passionsandacht am 13. Februar 2016 in der Johanneskirche Düsseldorf mit dem Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und Präses Manfred Rekowski. Foto: Sergej Lepke 19. Februar 2016 von Manfred Rekowski „Seht, welch ein Mensch,“ – dieser Satz aus der Passionsgeschichte Jesu stand im Mittelpunkt der ökumenischen Passionsandacht, die Kardinal Rainer ...

19. Februar 2016 von Manfred Rekowski

„Seht, welch ein Mensch,“ – dieser Satz aus der Passionsgeschichte Jesu stand im Mittelpunkt der ökumenischen Passionsandacht, die Kardinal Rainer Maria Woelki und ich in bewährter ökumenischer Tradition am Vorabend des Invokavit-Sonntags in der Düsselsorfer Johanneskirche gemeinsam feierten. „Seht, welch ein Mensch, das sagt im  Johannes-Evangelium Pilatus, der Statthalter des römischen Kaisers, mit Blick auf den leidenden Jesus, oder wie es in einer anderen Übersetzung heißt: „Seht, da ist der Mensch!“

Der Kardinal Rainer Maria Woelki hat in seiner Predigt sehr eindrücklich einen besseren Schutz des Lebens angemahnt. Mir ging  daran anknüpfend während der Andacht  die Frage durch den Kopf: „Was ist der Mensch?“ wie es in Psalm 8,5 heißt. Vor Augen habe ich dabei auch Bilder von Menschen vor der Kirchentüre, die in der Großstadt stranden und denen es offenkundig an Lebensmitteln und an der Lebensmitte fehlt. Aber ich denke gerade in den letzten Tagen und Wochen besonders an die vielen namenlosen, geschundenen Menschen in Syrien: „Seht, da ist der Mensch!“

Die Menschen in Syrien wissen schon längst nicht mehr von welcher Armee oder von welchen Kämpfern sie gerade bombardiert werden und vor wem sie eigentlich fliehen. Es ist ein Irrsinn, wie dieses Land mit seiner Jahrtausende alten Kultur blindwütig zerstört wird. Und keiner scheint es stoppen zu können oder zu wollen.

„Seht, da ist der Mensch!“ Da ist der leidende Christus, der Menschensohn wie er in der Bibel auch genannt wird. Er lebt für eine Welt, in der Gerechtigkeit blüht, und in der die Menschen in Frieden und Freiheit miteinander leben. In Syrien wird er gepeinigt, gefoltert, verhöhnt und in den Tod getrieben – gnadenlos und brutal.

Hier wird zugleich auch die Idee einer Welt, in der Gerechtigkeit und Frieden selbstverständliche Grundlage des Zusammenlebens sind, alle Ideen von Zivilisation und Humanität, und eine Kultur der Liebe, Barmherzigkeit, Vergebung und Güte, verhöhnt und gefoltert und gekreuzigt. In der Passionszeit in diesem Jahr gehen und stehen wir ratlos und hilflos neben dem Menschensohn, der – so möchte ich es zugespitzt formulieren – in Syrien gekreuzigt wird und stirbt.

Passionszeit 2016 heißt für mich, ratlos auszuhalten, hilflos solidarisch zu sein mit den leidenden Menschen in Syrien, nicht die Augen zu verschließen und zu flüchten, sondern zu beten für den Frieden und einzutreten gegen jede Form von Machtgelüsten, Rachegelüsten, Verrohung.

Und ich sehne ein Ostern herbei für die Menschensöhne und Menschentöchter in Syrien und für eine Weltgemeinschaft, die weiß, es lohnt sich, alles für einen gerechten Frieden zu tun.

Beiträge zu “Passionszeit: Jesus wird in Syrien gekreuzigt

  1. Pilatus, ein regionaler Machthaber, fast ein Allein-Herrscher in seinem Land, ist Staatsanwalt, Richter, Henker und Begnadiger in einer Person.
    Pilatus ist in diesem Einzelfall nicht alternativlos, nicht fest entschlossen, sondern zweifelnd, offen für das Urteil anderer, das Urteil seiner organisierten Untertanen.
    Pilatus ist gar nicht standfest, sondern hin und her gerissen von der Behauptung, dass der Angeklagte ein anmaßender König sei, der andere Gesetze höher stellt. Pilatus liegen Gedanken zu Eitelkeit und Machterhalt ganz nah, und so übt er seine Macht aus durch Fakten und auch durch Hohn und will am Ende, andere die Verantwortung dafür übernehmen lassen.

    Pilatus spricht: „ Sehet, welch ein Mensch !“ und überlässt die Antwort seinen Zuhörern. Vielleicht ahnt er die Existenz einer Alternative?
    Und was sehe ich in dieser Botschaft?
    Ein Angeklagter der verhöhnt wird, der seine Haut nicht retten kann, der nicht anfängt zu betteln, obwohl er gefoltert wird, der nicht beginnt, sich zu rechtfertigen, obwohl er die Todesstrafe vor Augen hat, dem auch keiner beispringt zunächst.
    Und warum geht er den Weg der Demut und wählt nicht den Weg der Wehrhaftigkeit ? Was ist das Göttliche in diesem Menschen Jesus und wie groß ist Gott in ihm, der über dem Tod steht ? Wie kann auch ich im heiligen Geist leben ? Wie werde ich frei von irdischen Ängsten ?
    „Lobet Gott, denn er ist allmächtig !“

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