Demografie: Auch unsere Kirche muss sich wandeln

7.3.2014

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18. Februar 2014 von Manfred Rekowski Mehr für die Bildung bis ins hohe Alter Der demografische Umbruch ist nicht nur ein Thema in unserer Gesellschaft, sondern betrifft ...

18. Februar 2014 von Manfred Rekowski

Mehr für die Bildung bis ins hohe Alter

Der demografische Umbruch ist nicht nur ein Thema in unserer Gesellschaft, sondern betrifft uns auch als Kirche. Unser Bild vom Alter stimmt nicht mehr, weder im Blick auf uns selbst, noch im Blick auf die Anderen und deren Älterwerden. Vielen von uns wird ein dritter Lebensabschnitt geschenkt, den es vor 75 Jahren so nicht gegeben hat.

Die Entwicklung dahin ist so schnell verlaufen, dass unsere Gesellschaft gar nicht mitkommt. Wie benennt man zum Beispiel diesen Lebensabschnitt zwischen 60 und 80? Ist das wirklich der Ruhestand? Angesichts der Mobilität und des vielfältigen Engagements jenseits der Erwerbsphase, passt die Formulierung „Ruhestand“ schon längst nicht mehr. Aber wie benennt man Menschen in diesem Lebensabschnitt dann treffender? Junge Alte, fitte Senioren oder vielleicht neudeutsch Silver Ager? Aber nicht nur die richtige Formulierung ist schwer zu finden. Zu einem differenzierten Bild vom Alter gehört es, die Fähigkeiten, die Potenziale und die Talente des Alters wahrzunehmen, ohne dabei die Verletzlichkeit und Angewiesenheit auszublenden. Wir setzen auch in der Kirche vielfach auf die Dynamik der Jugend – aber wir sind eine Kirche aller Generationen.

Der Heidelberger Altersforscher Andreas Kruse hat beim diesjährigen Sozialpolitischen Aschermittwoch der Kirchen  in der Essener Auferstehungskirche mit seinem Vortrag „Teilhabe, Gesundheit und Sinnerfüllung“ die Perspektiven und Potentiale einer Gesellschaft im demografischen Umbruch aufgezeigt.

Diese Diskussion müssen wir auch im Blick auf unsere Kirche führen. Soll es weiterhin Altersgrenzen für die Mitarbeit in kirchlichen Gremien geben – und wenn ja, welche. Wie kann für ältere Menschen Teilhabe aussehen? Wie muss sich unsere Kirche verändern, um auch eine Kirche für alle Generationen zu sein.

Fragen, die wir gemeinsam diskutieren müssen, daher freue ich mich über den Beitrag von Professor Andreas Kruse.

Beiträge zu “Demografie: Auch unsere Kirche muss sich wandeln

  1. Demografischer Wandel hat auch andere Komponenten als „das Alter“. Gerade die Einbeziehung dieser weiteren Komponenten würde aus meiner Sicht die Problematik deutlich machen. Wir alle haben eine gewisse Vorstellung von dem Verhältnis der Generationen untereinander. Die Erfahrungen, die man aber in seinem Leben – sei es beruflich und/oder privat- machen kann, könnten unter Umständen uns auferlegen, solche Vorstellungen zugunsten der eigenen persönlichen Entwicklung neu zu erfinden, zu überdenken oder/und neu zu definieren. Der Weg nach Innen ist dann einer, der unabhängig vom Alter begleitet gehört, den man nicht alleine beschreiten sollte, da er eng, steil und gefährlich ist. Daher sollte die Aufgabe einer Kirche sein, einen wertschätzend- zuhörenden, vorurteilsfreien und mitfühlenden Raum zu ermöglichen für die Inhalte und Interessen, die ja jetzt schon und noch nicht sind. Die Reifung, Erweiterung und das Abrunden der Persönlichkeit ist ein Weg, der, ganz unabhängig vom Alter eine „Tandem-Lösung“ sein sollte und die Souverinität, die eventuell vorhandenen Trübungen und Vorurteile des u. U. Älteren auf eine harte Probe stellen kann. Das Bestehen einer solchen Probe öffnet dem Tandem-Partner wiederum eine neue Welt. Auch wenn die Verhältnisse über Kreuz liegen.
    Eine hohe Glaubwürdigkeit und Flexibilität, Werteverständnis und eine humane Haltung, ein „Überwachsen“ der Probleme bilden dann einen Kulturmenschen, der sucht, um nicht zu verzweifeln.

  2. „Wir setzen auch in der Kirche vielfach auf die Dynamik der Jugend –“ Das ist aus Sicht der Jugendarbeit und der Jugendlichen aber weitgehend schwer erkennbar, optisch wie inhaltlich. Klar, Bildung und Teilhabe bis ins hohe Alter. Ist das Problem nicht eher, dass Kirche da, unabhängig von der Generation, nur bestimmte Minderheiten-Milieus erreicht? (Bei den älteren übrigens mehr als bei den Jugendlichen!)

  3. Sicher ist es richtig, dass vielfach – zum Beispiel bei Einstellungen – auf die Dynamik der Jugend (im weit gefassten Sinn) gesetzt wird. Und deshalb ist es mir auch bezogen auf Beteiligungsmöglichkeiten in unserer Kirche ein Anliegen, die Frage nach einer möglichen Altersdiskriminierung sorgfältig zu überprüfen.

    Grundsätzlich halte ich persönlich es jedoch für sehr dringlich, dass wir uns intensiv überlegen, wie wir Jugendliche und junge Erwachsenen für Mitwirkung und Beteiligungen in unsere Kirche gewinnen können. Und das wird nicht anders gehen, als dass wir auch die Beteiligungsformen verändern. Hier haben wir ein großes Problem und eine große Aufgabe. Frau Sparschuh hat recht, wir müssen eine Kirche werden, die unabhängig vom Alter über sich (und die ihr vielfach eigenen Milieugrenzen) hinauswächst.

    Aber dennoch ist mögliche Altersdiskriminierung ein Punkt, wo wir exemplarisch für die Zukunft unsere bestehende Praxis selbst hinterfragen sollten, bevor wir dazu genötigt würden. Dass man im Alter von 76 Jahren Bundeskanzler werden kann oder einer Weltkirche vorstehen darf, aber von der Mitwirkung in einem Presbyterium ausgeschlossen wird, leuchtet mir nicht ein. Was wir gemeinsam lernen müssen – und das ist schwerer als das Einhalten starrer Regeln – dass wir im Einzelfall manchmal auch einem 30-jährigen, bei anderer Gelegenheit einer 76-jährigen sagen müssen, dass sie eine bestimmte Aufgabe nicht mehr gut wahrnehmen kann. Das erfordert manchmal Mut, bringt immer Ärger, aber ist klärend.

  4. Sehr geehrter Herr Rekowski,
    finde ich gut, unsere gemeinsamen Lernaufgaben!
    Und wer überprüft den „Leistungsstand“ der Engagierten in unserer Kirche? Gilt er dann für die Ehrenamtlichen oder auch für die Amtsträger im Haupt- oder Nebenamt? Welche Kriterien liegen so einer möglichen „Beurteilung“ zugrunde?
    Das kirchliche Leben ist so vielfältig geworden, solange man eben in der Lage ist, hier und da ein Auge zuzudrücken. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass eine klare Linie klärend ist. Manchmal braucht man aber auch klare Grundlage und immer auch eine ehrliche Gemeinschaft, in der man offen kommunizieren kann. Ansonsten kann man sich seinen heldenhaften Mut an die Wand nageln und den sicheren Ärger, den man sich eingehandelt hat mit Staunen bewundern (solange man die Energie dafür hat).
    Außerdem kann man ja viel sagen. Wenn man aber nicht gehört wird und auch keine Antwort bekommt, dann hat man nur wenige Möglichkeiten. Zu einer Nervensäge werden, wäre eine. Hast Du was- bist Du was, wäre eine zweite erkenntnisreiche Variante. Und eine dritte wäre: was uns nicht umbringt…
    Also: die üblichen Visitationen…ist das eine geeignete Maßnahme für die „Qualitätskontrolle“ in der Kirche?
    Personalentwicklungsstrategien? Haben die Gremien in ihrer Besetzung immer so die Möglichkeit, Können von „Nicht-Können, aber lieb und harmlos“ zu unterscheiden. Aber doch Entscheidungshoheit über Sein oder Nicht-Sein. Manche Aufgabenfelder verlangen so viel fachspezifisches Vorgehen und Einfühlen, dass ich an dieser Stelle mit heldenhaftem Mut und garantiertem Ärger mir erlaube zu behaupten, dass sie oft genug nicht gerecht durch Laiengremien beurteilt werden können.
    Und warum können welche Engagierten eine bestimmte Aufgabe „nicht mehr“ gut wahrnehmen?
    Wie ist der Kontext, in dem sich Minderleistungen und Höchstleistungen in unserer Kirche entfalten können? Und können dürfen ohne „Salonfähigkeitsschein“ zu absolvieren.

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