Eine beeindruckende Frau – eine eindrucksvolle Gedenkveranstaltung

29.5.2013

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29. Mai 2013 von Manfred Rekowski In der Nacht zum 29. Mai 1993 brannte das Haus der türkischstämmigen Großfamilie Genç in der Unteren Wernerstraße 81 in ...

29. Mai 2013 von Manfred Rekowski

In der Nacht zum 29. Mai 1993 brannte das Haus der türkischstämmigen Großfamilie Genç in der Unteren Wernerstraße 81 in Solingen. Im Haus lebten rund 20 Personen, Mitglieder der Familie Genç. Fünf kamen in dieser Nacht durch den Brandanschlag ums Leben. Vier junge Männer wurden 1995 wegen Mordes, wegen versuchten Mordes und wegen Brandstiftung verurteilt. Dieser Mordanschlag hat nicht nur das Leben einer Stadt, sondern das Leben unseres Landes einschneidend verändert.

Heute Nachmittag fand eine große und eindrucksvolle Gedenkveranstaltung in Solingen statt. Die Medien haben bereits berichtet und werden dies sicher auch morgen noch tun. Ich bin von der Solinger Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen gebeten worden, eine Ansprache zu halten, habe aber heute vor allen Dingen auch zugehört und wahrgenommen.

Bewegt und beeindruckt hat mich Frau Genç. Sie (und ihre Familie) haben fünf Familienangehörige durch einen menschenverachtenden Mordanschlag verloren. Eine Erfahrung, die man wohl in einem Menschenleben nicht verarbeiten kann. Aber diese Frau wirbt um Freundschaft, um ein friedliches Miteinander und gut nachbarschaftliches Zusammenleben in Solingen und in unserem Land. Sie ist ein authentisches Beispiel für Versöhnungsarbeit.

An diesem Nachmittag stehen mir auch die Bilder aus den Maitagen 1993 vor Augen. Ich denke zurück, wie ich diesen Tag damals erlebt habe: Ich war zu einem Gedenkgottesdienst in der Gemarker Kirche in Wuppertal. Es sollte erinnert werden an den 50. Jahrestag des Barmer Angriffs. Die Predigt sollte der damalige (aus Barmen stammende) Ministerpräsident Johannes Rau halten. Er kam direkt aus Solingen. Ein bewegter Politiker und Christ hielt eine bewegende Predigt. Er spannte den Bogen von den brennenden Wuppertaler Synagogen im November 1938 zu dem brennenden Haus in Solingen. Am Ende des heutigen Tages habe ich ein anderes Bild vor Augen: Die zur Versöhnung ausgestreckte Hand von Frau Genç. Und ich spüre, dass auch Christinnen und Christen von der Haltung dieser muslimischen Frau lernen können.

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