Enough is enough! Genug ist genug!

1.10.2020

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1. Oktober 2020 von Barbara Rudolph Kopfschüttelnd sehe ich die Fernsehbilder aus den USA und höre mir das Durcheinander der TV-Debatte von Donald Trump und Joe ...

1. Oktober 2020 von Barbara Rudolph

Kopfschüttelnd sehe ich die Fernsehbilder aus den USA und höre mir das Durcheinander der TV-Debatte von Donald Trump und Joe Biden zur amerikanischen Präsidentschaftswahl an. „Was für ein Spektakel!“, denke ich. „Zum Glück habe ich damit nichts zu tun!“ Doch einen Tag später habe ich etwas damit zu tun. Denn da hat mich eine E-Mail aus den USA erreicht. Herausgerückt steht mitten in der langen Mail:

Enough is enough! Genug ist genug!

Autor der Mail ist Mark Burrows, ein ruhiger gebildeter Professor, der als Gastprofessor in Wuppertal an der Kirchlichen Hochschule und in Bochum an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe gelehrt hat. Mark hat eine Begabung für Poesie und ist in den letzten zwei Jahrzehnten ein emsiger Motor der rheinischen Partnerschaft mit der United Church of Christ (UCC), USA. Einen so emotionalen, zornigen und verzweifelten Ton wie in seiner jetzigen Mail kenne ich nicht von ihm.

Aus der Mail von Prof. Dr. Mark Burrows:

Ich schreibe Euch, um Euch in diesen schwierigen Zeiten zu bitten, an unserer Seite zu stehen; einer Zeit, die – nach meiner Meinung und immer mehr Verantwortlicher in den Kirchen – den „Status Confessionis“ erreicht hat, also einen Status, in dem das christliche Bekenntnis auf dem Spiel steht. Ihr wisst – und bei einigen von Euch reichen die Erinnerungen nahe heran an jene finstere Dekade, die dem 2. Weltkrieg voran ging -, wie entsetzlich die Bedrohungen werden können und wie hoch der Preis des Widerstandes sein kann. Ihr habt in Deutschland die Erfahrung gemacht, wie eine gewählte Regierung demokratische Spielregeln missbraucht hat mit dem Ziel, die Opposition auszuschalten und alle demokratischen Instrumente zu demontieren. Ihr wisst, wenn man nicht widersteht, kann eine solche Entwicklung katastrophale Folgen haben, wenn nicht irreparablen Schaden verursachen.

Bitte um Gemeinschaft in kritischer Zeit

Und dann erinnert Mark Borrows an die „Kirchengemeinschaft“ (ein Wort, das er auch im Englischen verwendet), zwischen unserer Kirche und der UCC. Er bittet: Lasst uns jetzt nicht allein, nutzt alle Kontakte, vor allem in die sogenannten Swing States (Wisconsin, Michigan, Ohio, Pennsylvania, North Carolina, Georgia, Florida), in denen der Wahlausgang noch offen ist. Er vertraut darauf, dass auch in diesen Zeiten der Glaube ein verbindendes und die Welt gestaltendes Geschenk Gottes ist.

Herausfordernde Fragen

Schon bei meinem Besuch in den USA vor einem Jahr war Sorge und auch die Dramatik, die jetzt aus dieser Mail klingt, Thema Nr. 1. Wann ist, so fragen die Gesprächspartner, der Punkt erreicht, wo wir aufstehen müssen und sagen: Jetzt nicht mehr weiter so! Hier stehen christliche Werte und demokratische Grundrechte auf dem Spiel! Oder, so fragen andere in der UCC, müssen wir nicht das Gespräch mit Andersdenkenden suchen, und uns bemühen, Gräben zu überwinden, die Spaltung in der Gesellschaft und in der Kirche nicht akzeptieren. Die Kirche in den USA steht vor großen Herausforderungen. Der Brief aus den USA bittet um Gebet, Kirchengemeinschaft und Einmischung. Eine echte Herausforderung!

Hate has No Home here
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Beiträge zu “Enough is enough! Genug ist genug!

  1. Ja, ich versichere den bekennenden Christen meine Solidarität in schweren Tagen,

    denn hinter der offenen Wut steht stets ein ehrliches Gefühl, das es zu erkennen sich lohnt; auf allen Seiten,

    und nach dem Sturm kommt die Sonne wieder auf.

    Ich glaube an Gott, den Schöpfer …,
    an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn … .
    Ich glaube an den heiligen Geist … . Amen!

  2. Wir alle erleben die zutiefst menschenverachtende, gefährliche Politik Donald Trumps. Auf den Hilferuf von Mark Burrows lapidar zu antworten, es sei nicht unsere Aufgabe, uns in den amerikanischen Wahlkampf einzuminschen, ist schlicht zynisch.

  3. Sehr geehrte Frau Frickenschmidt, es stimmt, ein Hilferuf löst bei dem, den er trifft, häufig den Impuls aus, dem als hilfsbedürftig Erkannten unmittelbar beizustehen. Nicht selten wird dieser Impuls als so authentisch empfunden, dass sich andere Handlungsoptionen nicht mehr erschließen. Dies war und ist unter anderem auch in der Debatte um die „Seenotrettung“ so.
    Ethisch reflektiertes Handeln hingegen versucht, zu diesem ersten Impuls auf Distanz zu gehen (impulsgesteuertes Handeln bringt ja nicht nur positive Ergebnisse hervor, es führt unter anderem regelmäßig zur Eskalation in Konflikten) und sich angesichts der jeweiligen Situation über Möglichkeiten, eigene Aufgaben und Ziele und die Wirkung des eigenen Tuns klarzuwerden.
    Wenn man schon den ersten Schritt der Distanzierung als „zynisch“ bezeichnet, versperrt dies den Zugang zu allem weiteren ethisch reflektierten Handeln. Darin liegt eine Verengung, die mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar ist. Im Übrigen auch nicht mit dem, was in letzter Zeit häufig als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet wird.

  4. Sehr geehrter Herr Pfr. Pohl,

    bei aller Debattierfreude, aber zur Ablehnung der „Seenotrettung“ läßt sich keine christliche Begründung finden. Da bin ich mir sicher.

  5. Sehr geehrter Herr Wessler, gegen die Rettung eines Menschen aus Seenot gibt es keinerlei christliche Begründung, ganz recht. Das, was seit Jahren im Mittelmeer passiert, ist aber mit dem Begriff „Seenotrettung“ irreführend umschrieben. Daher meine Anführungszeichen; und gegen das, was dort geschieht, erheben sich aus christlicher Sicht durchaus ernstzunehmende ethische Vorbehalte. Die Debatte darüber sollte unsere Kirche dringend führen – offen und ohne Diffamierung abweichender Meinungen. Hier ist dazu jedoch m.E. nicht der richtige Ort.

  6. Ja, kann sein, dass hier nicht der richtige Ort ist, zumal es hier eigentlich um Trump ging, von Ihnen aber erneut die Parallele zum europäischen Staatsprotektionismus im Mittelmeer angeführt wurde.

    Mit dem Papst bin ich der Meinung, dass es im Mittelmeer um aktuelle Tagespolitik geht, die gerade hier neu mit christlichem Hintergrund bedacht werden möge.

    Das Thema ist doch, wohin wir mit unserem Unwohlsein sollen, dass so viele Afrikaner auf Leben und Tod zu uns wollen, und wie grundsätzlich wir denken wollen, wenn wir nach Handlungsalternativen suchen, die christlichen Maßstäben gerecht werden können: Weltgerechtigkeit und Wiedergutmachung alter europäischer Schulden, also Eine Welt statt „USA / EUROPA / ICH first again !“

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