Kirchentagserfahrungen #heuteschongeteilt

6.6.2015

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Hermanns & Putzler aus Köln beim Programm zu "klug sterben" 6. Juni 2015 von Manfred Rekowski Heute morgen hörte ich Erhard Eppler bei einer Bibelarbeit zu. Es war zugleich der letzte Auftritt des 88-Jährigen auf einer ...

6. Juni 2015 von Manfred Rekowski

Heute morgen hörte ich Erhard Eppler bei einer Bibelarbeit zu. Es war zugleich der letzte Auftritt des 88-Jährigen auf einer Kirchentagsveranstaltung, wie er selbst sagte. Ich erlebte ein leidenschaftliches Ringen um den Text und ein Aufspüren des Geistes Jesu in einem sperrigen Gleichnis.

Am Vormittag besuchte ich in der Stuttgarter Innenstadt die „rheinische“ Bühne auf dem Karlsplatz, unter dem Titel „Klug sterben – Was wir über das Sterben wissen sollten“ wurde öffentlich über das Sterben gesprochen und so die Kirchentagslosung aufgegriffen. Es gab Kabarett, das Bild zeigt das Kölner Duo Hermanns & Putzle, aber auch Diskussion. Besonders beeindruckend war für mich, wie der Mediziner Prof. Dr. Nagel und mein Vorgänger im Präsesamt Nikolaus Schneider nicht nur über ein Thema sprachen, das politisch brisant ist, sondern sie teilten auch sehr persönliche eigene Erfahrungen im Umgang mit dem Sterben und die damit verbundenen Ängste und Wünsche.

Dann gibt es ungeplante Begegnungen auf dem Kirchentag, die anregen und bereichern. Beim Mittagessen hörte ich von interessanten Projekten in der Flüchtlingsarbeit aus anderen Landeskirchen, beispielsweise vom Grandhotel für Ankommende in Augsburg.

Immer wieder tauschte ich mich mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kirchentages über die jeweiligen Eindrücke aus. Manche äußerten die Befürchtung, bei wichtigen politischen Themen wie der Friedenspolitik und der Flüchtlingspolitik wäre es zu brav zugegangen und Alternativen zur aktuellen Regierungspolitik wären kaum entwickelt worden.

Ich meine, eine gepflegte Streitkultur hat den Kirchentag in der Vergangenheit stark gemacht. Das sollte so bleiben.

Auf dem Markt der Möglichkeiten erlebte ich am Donnerstag, was die Evangelische Jugend aus dem Rheinland auf die Beine stellt. Ehrenamtlich tätige Jugendliche und junge Erwachsene vom Saarland über Köln, Essen und Düsseldorf sind sehr engagiert, setzen sich für Inklusion ein, sind in der Versöhnungsarbeit aktiv, werben für fair gehandelte Textilien und bieten Oasen zum Relaxen an. Aber auch Besuche an den Ständen von Nes Ammim, der Vereinten Evangelischen Mission, dem Haus der Stille, dem Projekt glaubensreich  und innovativen Projekten aus dem Rheinland zeigten mir, an wie vielen Stellen wir phantasievolle und gute Arbeit leisten.

#heuteschongeteilt heißt der Hashtag für eine Aktion des Kirchentages, die zum Teilen aufruft. In diesem Sinne möchte ich einen Text mit Ihnen teilen, es sind Überlegungen zum Kabarett. Ich war gebeten worden, auf einer Kabarett-Veranstaltung des Kirchentages einen Impuls zum Abschluss zu geben und den Abendsegen zu sprechen.

Kabarett bewegt – nicht nur die Lachmuskeln.
Kabarett ist so frei, beim Namen zu nennen, was zum Himmel stinkt.
Kabarett ist vor nichts fies.
Kabarett ist (meist) hemmungslos.
„Kunst darf alles“, sagen die einen.
„Darf Kunst alles?“, fragen andere.

Ein Gottesdienst, eine Predigt, eine Bibelarbeit bewegt –
nicht nur die Sitzmuskeln.
Denn wer sich auf Geschichten des Glaubens an den parteiischen Gott einlässt,
wird nicht nur Bestätigung finden,
sondern immer wieder herausgefordert werden.
Wer sich auf die Geschichten des gewaltfreien Jesus von Nazareth einlässt,
der wird nicht nur wohltemperierte und ausgewogene Worte finden,
sondern leidenschaftlich und konkret aufgreifen, was zum Himmel schreit.
Wer sich an Gottes Eintreten für die Schwachen und die Fremden erinnert,
wird sich auch auf dem Kirchentag nicht geschmeidig einfügen
in einen nach jeder Flüchtlingskatastrophe auf dem Mittelmeer neu einsetzenden Prozess der ritualisierten Untätigkeit –
beginnend mit Schweigeminuten,
sich fortsetzend mit Konferenzen und Appellen
und endend in einer ungebrochenen Kontinuität des Sterbens und des Ertrinkens.
Wir sind als Kirche ein global player des Erbarmens und des Rechts.
Wir können mehr tun –
und wir dürfen keine Ruhe geben.

Ein Gottesdienst, eine Predigt, eine Bibelarbeit dürfen alles – nur nicht langweilen.
Sie sollen/dürfen Trost zusprechen.
Sie sollen/müssen auch herausfordern und beunruhigen.
Die biblischen Texte von der Erwartung eines neuen Himmels und einer neuen Erde zeigen uns:
Die bestehenden Verhältnisse sind nicht alternativlos.

Neulich habe ich an einer Podiumsdiskussion teilgenommen.
Es ging um „Paris und die Folgen“.
Schnell war man bei der Freiheit der Kunst, die auch im Blick auf Religion zu gelten habe.
Keine Frage: Kunst darf alles.
Dem stimme ich zu und dennoch bleibt doch mindestens noch eine Frage offen:
Ich schätze Meinungsfreiheit sehr und bin froh,
dass ich in unserem Land kein Blatt vor dem Mund nehmen muss.
Trotzdem sage ich insbesondere im Direktkontakt mit Menschen nicht immer alles,
was mir auf der Zunge liegt.
Es gibt nicht nur die Freiheit, die Meinung zu äußern.
Es gibt auch die Verantwortung für die Wirkung dessen,
was ich sage oder gestalterisch ausdrücke.

Wir haben eine anregende und inspirierende Veranstaltung erlebt.
Humor hilft, heikle Dinge so auszusprechen,
das sie gut gehört werden können.
Humor dieser Art löst hoffentlich bei vielen von uns eine heilsame Verunsicherung aus.

Diesen Tag – mit alldem, was er uns gebracht hat, legen wir nun zurück in Gottes Hände.

Gott, bleibe bei uns, den es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.
Gottes Friede sei und bleibe bei Euch –
er verändere, bewege und behüte Euch. Amen.

Ich wünsche Ihnen eine erholsame und ruhige Nacht
und im Sinne des zuvor gesagten einen unruhigen Morgen,
an dem wir uns von beunruhigenden Verhältnissen herausfordern lassen.

So wünsche ich allen, die den Kirchentag besucht haben, Gottes Segen und eine gute Heimfahrt.

Beiträge zu “Kirchentagserfahrungen #heuteschongeteilt

  1. Sehr geehrter Herr Rekowski,
    in Ihrem Blog haben Sie den Beitrag „Kabarett bewegt“ geteilt. Darin brachten Sie zum Ausdruck, dass „es auch die Verantwortung für die Wirkung dessen gibt, was ich sage oder gestalterisch ausdrücke“. Das finde ich gut. Anbei für Sie geteilt eine

    Liebeserklärung an Mutter Erde

    Schöner Stern, im unendlichen Weltall ziehst Du Deine Bahn – wunderschön.

    Du einmaliger Planet, Deinesgleichen unbekannt mit all Deinem Leben – wunderschön.

    Du schwebender Globus mit Flora und Fauna, Lebensspender
    für alle Kreatur – wunderschön.

    Dich, Erde, zu bewahren für alle Weltgewissenspflicht.

    A. u. W. Deutschland

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