4. Juli 2018 von Manfred Rekowski
Bei der Suche nach Flüchtlingen auf See (Foto: sea-watch.org)
Was in diesen Tagen am und auf dem Mittelmeer passiert, das schreit zum Himmel. Nachdem nun nahezu alle Schiffe der zivilen Seenotrettung festgesetzt werden, verbieten die maltesischen Behörden jetzt auch Aufklärungsflüge vor der libyschen Küste. Mit solchen Flügen suchen Organisationen wie Sea-Watch und die Schweizer Humanitäre Piloteninitiative nach Bootsflüchtlingen in Seenot. Auf Geheiß der Autoritäten auf Malta darf das Aufklärungsflugzeug „Moonbird“ aktuell nicht mehr in das Suchgebiet fliegen.
Dabei war das Flugzeug seit 2017 an der Rettung von 20.000 Menschen beteiligt. Mehr als 1000 wären, da sind wir sicher, gestorben, hätte die Crew der kleinen Maschine die sinkenden Boote nicht in letzter Minute entdeckt. Die Evangelische Kirche in Deutschland unterstützt das Luftaufklärungsprojekt finanziell, weil es nicht sein darf, dass Menschen, die auf der Flucht zu ertrinken drohen, sich selbst überlassen werden und sterben, weil wir wegsehen. Europa steht für Werte wie Menschlichkeit, Nächstenliebe und Fürsorge. Mit Blick auf die Situation der Menschen, die auch über das Mittelmeer kommen, zählen für die Regierungen in der Europäischen Union aber offenbar nur noch nationales Eigeninteresse und eine rigorose Abschottungspolitik. Das finde ich erbärmlich.
Gerade jetzt, wo die Schiffe der zivilen Seenotrettung systematisch an der Hilfe gehindert werden, braucht es die Beobachtung aus der Luft, damit das Sterben auf dem Mittelmeer nicht aus dem Blick gerät. Und es braucht sie, damit wir uns unabhängig informieren können, was zwischen Libyen und Italien auf dem Wasser geschieht. Es sterben ja nicht weniger Menschen, nur weil es keine Bilder und Berichte mehr davon gibt. Was hier den Menschenrechtsorganisationen widerfährt – willkürliche Verbote oder Beschlagnahmungen – kenne ich sonst nur aus anderen Teilen der Welt. Mitten in Europa, im Rechtsraum der Europäischen Union, ist das für mich ein Skandal – ein himmelschreiender.
Von: Manfred Rekowski