Tag der Organspende: Das Leben fördern

4.6.2013

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4. Juni 2013 von Manfred Rekowski Es war ein eindrucksvoller Gottesdienst am Samstag im Essener Dom. Im Mittelpunkt des ökumenischen Gottesdienstes stand der „Tag der Organspende“. ...

4. Juni 2013 von Manfred Rekowski

Es war ein eindrucksvoller Gottesdienst am Samstag im Essener Dom. Im Mittelpunkt des ökumenischen Gottesdienstes stand der „Tag der Organspende“. Besser gesagt, im Mittelpunkt standen die Menschen, die „Betroffene“ bei einer Organspende sind. Mir wurde bei der Vorbereitung des Gottesdienstes nochmals richtig bewusst wurde, wie unterschiedlich die Lebenssituationen der Menschen sind, wenn es zu einer Organspende kommt.

Die Angehörigen einer Organspenderin oder eines Organspenders finden sich in einer vollkommen anderen Situation als die Patientinnen und Patienten, die auf eine Transplantation warten und sich bange fragen, wann die Hoffnung stirbt. Ganz anders sieht die Welt für die Transplantierten aus, die ihr Leben und die neu gewonnene Lebensqualität einem gespendeten Organ verdanken – und auch für ihre Angehörigen. Nicht zu vergessen, die Transplantationskoordinatoren, die Ärztinnen und Ärzte, Schwestern und Pfleger, die viel leisten und sehr viel aushalten müssen. Gut, wenn wir in aller Unterschiedlichkeit im Gottesdienst vor Gott kommen können – so wie am Wochenende in Essen.

Wenn es um Organspende geht, sind einfache Antworten nicht möglich. Und niemand kann einem anderen Menschen die Verantwortung abnehmen. Deshalb habe ich mich zuerst mit dem Motto “Das trägt man heute: den Organspendeausweis“ etwas schwer getan. Druck sollte in der Frage der Bereitschaft zur Organspende nicht ausgeübt werden – so auch der Beschluss unserer Landessynode im Januar dieses Jahres. Es ist deshalb gut , wenn sich jede und jeder rechtzeitig eine eigene Meinung bildet und nach Möglichkeit für sich selbst eine Entscheidung trifft. Das entlastet Angehörige und kann für andere zur Lebensrettung werden.

Ich selbst habe meine Bereitschaft zur Organspende erklärt. Das habe ich auch im Gottesdienst öffentlich begründet: Als Christ bemühe ich mich, das Leben anderer, das Lebendige und das Lebensdienliche so gut ich kann zu fördern. Denn unser Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen, so heißt es im Matthäus-Evangelium (Kap. 22,32). Mein Leben, meine Begabungen und mein Körper sind ein Geschenk Gottes. Wenn denn eine Situation eintreten sollte, in der meine Organe anderen Menschen zur Lebensrettung dienen können, dann soll es gerne so sein.

 

PS: Der Tag der Organspende auf der Website unserer Landeskirche und auf den Seiten des Bistums Essen.

Beiträge zu “Tag der Organspende: Das Leben fördern

  1. Was mich ärgert: Unter jeder Arznei-Werbung steht sinngemäß: „Zu den Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ Wer klärt Organspender oder diejenigen, die einer Organspende zustimmen oder dabei mitwirken müssen, über Nebenwirkungen auf?

    Ich finde, auf den Seiten der Organspendeorganisationen oder der Krankenkassen usw. sollte offen darüber aufgeklärt werden, dass man beim letzten Atemzug seines sterbenden Angehörigen nicht dabei sein kann. Man kann dies als Spender oder als Angehöriger um des Empfängers willen in kauf nehmen. Es gibt aber Menschen, die daran zerbrechen, dass sie ihren sterbenden Angehörigen im Stich gelassen haben.

    Zur Aufklärung sollte gehören, dass im Zweifel sehr viele Organe entnommen werden, große und kleine. Wie sieht hinterher der Körper aus? Stimmt es, dass nicht etwa nur Hornhäute, sondern gar ganze Augen entnommen werden, wie mir eine Intensivärztin aus eigener Erfahrung berichtete?

    Welche Unterstützung erhalten verbindlich Angehörige, die im Nachhinein merken, dass sie durch die Zustimmung traumatisiert wurden? Welche Unterstützung erhält das Krankenhauspersonal? Darf es sich aus ethischen Gründen weigern wie bei einem Schwangerschaftsabruch? Ist Supervision für das Personal sichergestellt?

    Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die nachweisen, dass ein erheblicher Teil der Hirntodfeststellungen nicht entsprechend der Regeln erfolgt, dass Medikamente nicht rechtzeitig abgesetzt wurden, dass die Zeitabstände zwischen den beiden Untersuchungen nicht eingehalten wurden. Kirche sollte mit Nachdruck auf Einhaltung der Regeln drängen, wenn sie sich für die Organspende einsetzt.

    Immer wieder werden Zweifel geäußert, ob die Prüfung der Reflexe usw. in allen Fällen zur Bestimmung des Todeszeitpunktes ausreicht. Müsste nicht darauf gedrängt werden, dass bildgebende Verfahren Standard werden, damit auch direkt sichergestellt ist, dass das ganze Gehirn definitiv ausgefallen ist?

    Ist es ethisch zu verantworten, dass zur Feststellung des Todeszeitpunktes dem Sterbenden erhebliche Schmerzen zugefügt werden? Muss man nicht darauf drängen, dass im Zweifel standardmäßig schmerzfreie Methoden gewählt werden?

    Im Zweifelsfall werden diese Schmerzen ja nicht hirntoten Patienten zugefügt, deren Schmerzmittel ausdrücklich abgesetzt werden mussten.

    Die Krankenkassen zahlen m.W. die Kosten für Intensivmedizin nicht, sofern die Angehörigen nach der Feststellung des Hirntodes die Zustimmung zur Organspende zurück nehmen.
    Die Patienten gelten ab diesem Zeitpunkt als tot, werden aber bis zum Abschalten weiter beatmet usw. Da kommen schnell ungeheuere Summen zusammen. Ist ein solcher Tatbestand hinnehmbar, mit dem Angehörige zusätzlich unter Druck gesetzt werden?

    Dazu gehört auch, dass die Kosten für Narkose und Schmerzmittel bei der Explantation eingespart werden nach dem Motto: Hirntote sind tot und müssen nicht betäubt werden. Wenn Kirche davon ausgeht, dass der Hirntod nicht schon das Ende des Sterbeprozesses bedeutet, muss sie nicht darauf drängen, dass der sterbende Organismus bei der Explantation so gut es geht geschont wird, und dass somit eine entsprechende Medikation zwingend dazu gehört? Angeblich berichtet OP-Personal davon, wie oft die Gesichter der Organspender nach der Spende sehr verzerrt seien, andere Anästesieärzte geben heimlich entsprechende Narkosen, weil sie den Zweispalt nicht aushalten.

    Ethisch stößt es mir unangenehm auf, wenn im Jargon der Transplantationsunternehmen von „Optimierung“ der „Organ-Ernte“ gesprochen wird. Kirche sollte offen darauf dringen, dass bei allem Mangel an Organen nicht die Würde der Menschen verletzt wird, die sich zu einer Spende bereit erklären, auch nicht in der Sprache, auch nicht in geschlossenen Zirkeln im Hintergrund.

    Ich bin sicher, dass ich hier nur einen Teil der Probleme angesprochen habe.

    Zur Zeit habe ich trotz dieser Probleme einen Organspendeausweis. Zu viele Menschen sterben, weil zu wenig Organe gespendet werden.

    Und trotzdem muss Kirche m.E. darauf dringen, die vielen offenen Fragen sorgfältig zu klären und menschenwürdige Lösungen zu schaffen, gerade weil sie sich um des Evangelium willen solidarisch mit den Schwachen weiß, die ihre Stimme selber nicht mehr erheben können.

    Ich bin überzeugt, dass mit ehrlicher Aufklärung eine größere Spendenbereitschaft erzeugt wird als mit vordergründigen Hochglanz-Appellen. Da ist noch viel zu tun.

  2. Sie haben sehr eindrücklich und differenziert auf ein Fülle von Fragen, Bedenken und Einwände im Zusammenhang mit der Organspende hingewiesen, über die ausführlich nachgedacht und gesprochen werden muss. Das sieht unsere Kirche auch so.

    Im Beschluss der Landessynode vom Januar 2013 heißt es u.a.:

    „4. Die Landessynode erkennt an, dass es auch gewichtige Gründe gibt, eine Organspende abzulehnen. So gibt es den verständlichen Wunsch von Angehörigen, einen Menschen bis zu seinem Lebensende zu begleiten und in Ruhe von ihm Abschied zu nehmen. Die Hirntod-Definition bleibt eine Hilfskonstruktion, die die Frage nach dem Zeitpunkt des Lebensendes nicht auflöst.

    7. Die Evangelische Kirche im Rheinland sieht es als ihre Aufgabe an, Menschen, die für sich selbst eine Entscheidung treffen wollen, seelsorglich und ethisch zu begleiten. Dies gilt ebenso für die beratende und informierende Begleitung von Angehörigen vor, während und nach der Organspende sowie für die Begleitung des medizinischen und pflegerischen Personals.“

    Manches kann man allerdings in der Tat nur in einem individuellen Gespräch vertiefen. Unsere Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger sind dabei besonders sensible und kompetente Gesprächspartnerinnen und -partner.

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