2. Oktober 2018 von Barbara Rudolph
Die Katastrophe passierte nebenan: Das Beben der Stärke 7,5 und der folgende Tsunami haben auf Sulawesi in Indonesien nach derzeitigem Wissen Hunderte Menschen in den Tod und Hunderttausende in tiefste Not gestürzt. Gleiches Land, gleiche Woche: In Parapat auf Sumatra sorgte ein heftiges tropisches Gewitter kurzfristig für Stromausfall. Wie ein Gewitter: Während Regenströme auf das Dach trommeln, wird in der Vollversammlung der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) heftig diskutiert: In einer der Mitgliedskirchen der VEM, der Baptistischen Kirche im Zentrum Afrikas (CBCA) gibt es (noch) keine Ordination von Frauen, obwohl sich die VEM seit Jahrzehnten für Gendergerechtigkeit einsetzt. „Das gefährdet unsere Kirchengemeinschaft“, sagt die rheinische Frauendelegierte Michaela Leyendecker aus Wesel.
CBCA-Präsident Samuel Nagayihembanko aus dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Ost-Kongo erläutert die Situation seiner Kirche: „In unserer Kultur ist es ein langer Weg bis zur Anerkennung der Frauen. Aber wir gehen erste Schritte.“ Er bekommt Unterstützung: „Habt noch Geduld“, setzt sich Vizebischof Hatani Kisting aus Namibia für die kongolesische Kirche ein. Am Ende einigt sich die Vollversammlung darauf, dass die CBCA bei der nächsten Vollversammlung im Jahr 2021 in Villigst (Westfalen) Bericht über die weiteren Schritte erstattet.
Der Bürgerkrieg im Kongo ist nur eine der schwierigen Situationen, in denen Mitgliedskirchen der VEM in Afrika und Asien sind. Der thematische Schwerpunkt der Vollversammlung war darum auch „Radikalismus und interreligiöser Dialog“. In Indonesien, dem einst liberalen Land mit der größten Zahl an Musliminnen und Muslimen, wird die religiöse Freiheit durch neue Gesetzgebungen immer mehr eingeschränkt, kritisiert der muslimische Wissenschaftler Andreas Harsono.
Neue Mitgliedskirchen
Der in Deutschland als friedlich geltende Buddhismus unterdrückt in Sri Lanka christliche und muslimische Minderheiten, berichtet Bischof Asiri Perera von der Methodistischen Kirche von Sri Lanka. Aber auch der wachsende Rechtspopulismus in Europa war Thema der Vollversammlung. Neben der Situation in Deutschland war mit einem Vertreter aus Ungarn und einer Vertreterin aus Finnland zum ersten Mal der weitere europäische Kontext im Blick.
Drei neue Kirchen wurden als Mitglieder in die VEM aufgenommen: Die Rheinische Kirche in Südafrika (RCSA), die Uniting Reformed Church in Southern Africa (URCSA) und aus Indonesien die Gereja Kalimantan Evangelis (GKE). Alle drei Kirchen gehen auf Gründungen der Rheinischen Missionsgesellschaft zurück, aus der die heutige VEM hervorgegangen ist. Nun besteht die VEM aus 38 Kirchen und den „von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel“. Wegen der engen Verbindung ins Rheinland sind die beiden neuen Mitglieder aus Südafrika zur nächsten Landessynode im Januar 2019 eingeladen.
Auszeichnung für Wesel
Ein Highlight war die Verleihung des Partnerschaftspreises: Der zweite Platz des Partnerschaftspreises ging an den rheinischen Kirchenkreis Wesel, der zusammen mit dem Kirchenkreis Tecklenburg (Westfalen) und dem Kirchenkreis Otjiwarongo (Namibia) das Partnerschaftsprojekt #thisisme für Mädchen und junge Frauen ins Leben gerufen hat. Durch Facebook, YouTube ,WhatsApp und andere Medien ist die Kommunikation über weite Entfernungen hinweg für die mehr als hundert Partnerschaften der VEM einfach geworden. Sie ermöglichen ganz neue Formen der Partnerschaftsarbeit. Jetzt wurde der neue Preis ausgelobt, diesmal unter dem Thema „Joyful Partnership“.
Neben der inhaltlichen Arbeit standen auch der Haushaltsplan und Änderungen der VEM-Satzung auf der Tagesordnung. Die Finanzen der VEM sind angesichts der Niedrigzinslage nicht einfach. „Wir sind aber zuversichtlich, dass wir in drei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können“, versichert der Geschäftsführer Timo Pauler. Generalsekretär Volker Dally ergänzt: „Das Management Team geht neue Wege, um Drittmittel zu akquirieren und neue Spenderinnen und Spender für die wichtige Arbeit der VEM zu gewinnen.“
Marching in the Light of God
Mit einem großen Fest der Kulturen wurde die Vollversammlung beendet, die die drei indonesischen Gastgeberkirchen HKI, GKPS und GKPI vorbereitet hatten. Alle drei Kirchen sind aus der Rheinischen Missionsgesellschaft unter der Bevölkerungsgruppe der Batak hervorgegangen. Die Kultur der Batak mit ihrer Fröhlichkeit, Tanzfreude und ernsthaften Bibelfrömmigkeit prägte die Gottesdienste und Andachten sowie die Atmosphäre der Versammlung und brachte die 68 Delegierten zum Tanzen und Singen mit dem südafrikanischen Lied: „We are marching in the light of God.“
Am Ende pflanzte jede und jeder Delegierte einen Baum auf dem neuen Gelände des Regionalbüros – ein Zeichen für den Klimaschutz.
Im Jahr 2021 wird weiter gefeiert: Dann wird die VEM ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Solange schon ist die einstige Missionsgesellschaft eine internationale Organisation, an der alle Mitglieder gleichberechtigt mitwirken, und damit die erste Missionsgesellschaft in Deutschland, die diesen Weg der Internationalisierung eingeschlagen hat.
Foto: Aus den Kirchen, die „rheinisch“ im Namen tragen, umrahmt von VEM-Abteilungsleiter John Wesley Kabango (l.) und VEM-Generalsekretär Volker Dally (r.): K. K. Chan (Chinese Rhenish Church, 2. v. l. ff.), Barbara Rudolph, Ashley Fransmann (Rhenish Church South Africa), Marion Unger, und Godfrey Betha (Uniting Reformed Church in Southern Africa) am Rander der VEM-Vollversammlung in Indonesien.
Die weltweite Mission weitet den Blick. Wir erkennen die Begrenztheit unserer eigenen Pobleme und müssen unsere eigenen Überzeugungen relativieren Gut so!