„Wir werden uns kleiner setzen müssen“

10.7.2013

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10. Juli 2013 von Redaktion Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) muss sich schneller kleiner setzen als gedacht. Der Prozess der Aufgabenkritik muss beschleunigt, das Sparvolumen vergrößert ...

10. Juli 2013 von Redaktion

Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) muss sich schneller kleiner setzen als gedacht. Der Prozess der Aufgabenkritik muss beschleunigt, das Sparvolumen vergrößert werden, sagt Präses Manfred Rekowski im Videoblog.

Hintergrundinformationen: Brief von Präses Manfred Rekowski und Vizepräsident Johann Weusmann

Beiträge zu “„Wir werden uns kleiner setzen müssen“

  1. Ganz schlimm, eigentlich ein Eingeständnis vor den Menschen und vor Gott gescheitert zu sein. Wenn wir keinen Bezug zu den Menschen finden, müssen wir uns fragen warum! Vielleicht wollen die Menschen nicht mehr missioniert werden, sondern frei Leben und entscheiden können, wie sie leben und denken wollen…Ohne christliche Zwänge.

  2. Ich kann nur begrüßen, dass die Kirchenleitung nun auch auf der landeskirchlichen Ebene ernst macht. Zumindest für den Kirchenkreis Saar-West kann ich sagen, dass in den letzten Jahren massiv eingespart wurde. Auch die Pfarrerinnen und Pfarrer haben durch einen realen Einkommensverlust in den letzten 10 Jahren deutlich zur Einsparung beigetragen. Durch massive Einschnitte in die Pfarrbesoldung wurde zudem die Attraktivität des Pfarrberufs nicht gerade gefördert. Auf diesen Ebenen sind m. E. die Möglichkeiten so gut wie ausgeschöpft. Nun müssen auch auf landeskirchlicher Ebene deutlichere Einschnitte als bisher vorgenommen werden. Als jemand, der auch in landeskirchlicher Arbeit Verantwortung übernommen hat, weiß ich, was es bedeutet, wenn Einrichtungen reduziert oder gar abgebaut werden. Das ist nicht einfach, aber wir kommen daran nicht vorbei. Auf landeskirchlicher Ebene sollten zudem alle Möglichkeiten genutzt werden, die sich zur Zeit auftun, und die es ermöglichen auch sozialverträglich Strukturen zu verändern.

    1. Lieber Herr von Richthofen,

      der hier angesprochene Sparprozess betrifft die Ebene der Landeskirche und ihre Aufgaben (die Gemeinden und Kirchenkreise der rheinischen Kirche haben eigene Haushalte).

      Zum Zeitrahmen führen Präses Manfred Rekowski und Vizepräsident Dr. Johann Weusmann in einem Brief http://www.ekir.de/www/service/aufgabenkritik-16945.php aus:

      „Und grundsätzlich müssen wir feststellen: Je später wir auf die seit langem bekannten demografischen Veränderungsprozesse reagieren,
      umso höher müssen unsere Sparmaßnahmen dann ausfallen. Je länger wir warten, desto härter werden uns die Folgen treffen.

      Aufgrund dieser Entwicklungen gehen wir als Kirchenleitung davon aus, dass zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Kirche schließlich noch
      weitergehende strukturelle Veränderungen nötig sein werden. Auch darüber sind wir im intensiven Gespräch, um baldmöglichst Klarheit über den
      weiteren Weg zu gewinnen. Nach unseren bisherigen Berechnungen gehen wir gegenwärtig davon aus, bis zum Jahr 2018 insgesamt 35 Prozent einsparen
      zu müssen.“

      Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter

  3. Wir erleben durch die Verwaltungsstrukturreform und besonders die Reform des Personalwesens in hohem Maße einen Konzentrations- und Zentralisierungsprozess in der EKiR. Das schlägt sich auch auf der Kostenseite nieder. Das hat aber auch zur Folge, dass von einer Autonomie der Gemeinden kaum noch die Rede sein kann. Sie werden mehr und mehr zu Unterabteilungen ihrer Kirchenkreise. Das erhöht den Abstimmungsbedarf, damit verbunden die Konfliktanfälligkeit. Die Zahl der Gremien und der in Sitzungen verbrachten Stunden steigt, ebenso der Verwaltungsaufwand (was NKF-bedingt jetzt schon geschieht). Die Presbyterien haben kaum noch Gestaltungsspielraum, da alle wichtigen Entscheidungen auf die synodale Ebene verlegt werden. Es müsste aber genau umgekehrt sein. Statt die Freiheit der Einzelgemeinde zu schwächen müsste sie deutlich gestärkt werden, dann allerdings auch die damit verbundene Verantwortung. Sie müsste wesentlich flexibler werden. Das könnte geschehen, in dem das Territorialprinzip aufgegeben wird. Die Gemeinde definiert sich nicht über ein festgelegtes Gebiet, sondern von ihrem Zentrum her. Die Gemeindeglieder entscheiden selbst, welcher Gemeinde sie angehören wollen. Dadurch steht. die Gemeinde in der Verantwortung für ihre Attraktivität und Vitalität zu sorgen. Dass sie in einen Wettbewerb mit benachbarten Gemeinden gerät, ist erwünscht. Wirtschaftlichkeit wird an Attraktivität und Vitalität der Gemeinde geknüpft, was jetzt kaum der Fall ist. Die Gemeinden entscheiden selbst, ob sie fusionieren oder sich teilen und wie sie kooperieren wollen. Sie dürfen auch sterben und es dürfen neue Gemeinden entstehen. Das wird zur Folge haben, dass es sehr unterschiedliche Gemeinde geben wird und die Gemeindeglieder eine echte Wahlmöglichkeiten haben. Nicht lebensfähige Gemeinden werden genötigt, sich aufzugeben oder anders zu organisieren. Die Presbyterien haben den Anreiz, echte Verantwortung (und Haftung!) für die eigene Gemeinde zu übernehmen. Es wird sich zeigen, was sich überlebt hat und viel zu teuer ist und was auf Dauer Zukunft hat. Vielleicht diente diese Krise dazu, dass wir uns auf ur-rheinische Werte besinnen und die Gemeinde vor Ort in den Focus stellen. Was das für den Pfarrerinnen- und Pfarrerstand bedeutet, müsste gesondert beleuchtet werden.

  4. Wenn betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden können, dann ist es ernst.

    Mich irritiert aber auch diese Zahl 35% bis 2018. Es wird nicht klar, worauf sich das bezieht. Auf den Haushalt der Landeskirche? Auf das Kirchensteueraufkommen insgesamt und damit auch für Kirchenkreise und Gemeinden geltend?

  5. Danke für diese Transparenz und für die optimistischen Worte trotz aller schwierigen Prognosen. Es ist doch schon einmal ein Schritt, dass das, was alle schon geahnt haben offen ausgesprochen wird und man gemeinsam mit Gottvertrauen nach Lösungen sucht.
    Strukturen und Konzepte, die in Zeiten entstanden sind als mehr als genug Geld vorhanden war, führen uns nicht mehr weiter. Ich wünsche mir, dass wir mit Mut und Zuversicht nach neuen, schlankeren Strukturen suchen. Dann hat meine Kirche auch eine Zukunft.

  6. Grundsätzlich sind die Zahlen bezüglich des demographischen Wandels bzw. entsprechende Prognosen bekannt. Dies führte ja auch seit Jahren zu diversen Reformbemühungen auf allen Ebenen der Ev. Kirche. Mich würde interessieren 1. was genau mit den 35% gemeint ist (Reduzierung des landeskirchlichen Haushaltes um 35 % – im Bezug auf welches Jahrr?) 2. Wo liegen die Ursachen der nun deutlich verschärften Situation? 3. Wenn die Landeskirche neuere Prognosen hat, gibt es auch neuere Zahlen für die Kirchenkreise?

  7. Ich begrüße die Offenheit und die Ankündigung, den sicherlich sehr schmerzhaften Weg in transparenter Weise möglichst in Abstimmung mit allen Ebenen gemeinsam zu gehen.
    Doch es bleiben auch – ggf. sehr unangenehme – Fragen offen, z.B.:
    Was genau wurde über die im Brief erwähnten Hintergründe hinaus beim „Kassensturz“ entdeckt? Wer hat was wann wie gewusst und nicht oder falsch eingeschätzt und dann entsprechend entschieden bzw. eben nicht entschieden?
    Die dramatische Situationsbeschreibung muss zwingend auch die Erläuterung der Plausibilität der jetzt erkannten Zahlen nach sich ziehen.
    Ich gehe davon aus, dass die angekündigten nächsten Schritte, inklusive der mehr als außergewöhnlichen Sondersynode im Herbst, in den nächsten Tagen und Wochen zur Aufklärung in dieser Hinsicht beitragen werden.
    Es geht dabei nicht um ein „mit-dem-Finger-auf-Andere-Zeigen“, sondern um das Einlösen der versprochenen und mehr als notwendigen Transparenz.
    Nur so kann es der neuen Kirchenleitung gelingen, einen erforderlichen breiten Konsens im jetzt anstehenden Diskussions- und Entscheidungsprozess zu erreichen.
    Ich wünsche allen Beteiligten dafür Gottes klaren Geist – und seinen stärkenden Segen.

  8. Ich danke dem Präses und der Kirchenleitung für die Offenheit und Transparenz in dieser offenbar ernsten Lage.
    Dabei sehe ich es nicht als einen isolierten Prozess bei „der Landeskirche“, sondern als eine gemeinsame Verantwortung aller Ebenen unserer Kirche, der Gemeinden und der Kirchenkreise.
    Aus diesem Grunde sind bei uns alle Vorsitzenden und Kirchmeister sowie die Pfarrerinen und Pfarrer aktiv vom Superintendenten über den Brief vom 8. Juli informiert worden. Denn nur Mitwissen und Transparenz ermöglichen auch Mitdenken und das Mittragen der Verantwortung.

    Offen ist die Frage, wie diese Situation unsere Prozesse auf Kirchenkreisebene und in den Gemeinden beeinflusst.
    Wir müssen aufpassen, dass wir nicht einem Prozessinfarkt unterliegen. Alle Gremien sind hier an einer deutlichen Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt oder haben sie schon überschritten.

    Sondersynode? Eine baldige Terminkenntnis wäre hilfreich vor Beginn der Sommerferien.

  9. Vielen Dank für die Kommentare.

    Nachfragen bezogen sich auf das Einsparziel von 35 Prozent. Dies entspricht rund 20 Millionen Euro, die haushältsmäßig einzusparen sind.

    Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter

  10. Ich bin Vikar in der EKiR und möchte an dieser
    Stelle anonym bleiben. Die Einsparungspläne
    klingen für mich als Vikar recht bedrohlich.
    Uns wurde bisher von landeskirchlicher Seite kommuniziert, dass wir gebraucht werden, da ab 2018 eine große Pfarrerpensionswelle beginnt und der Pfarrnachwuchs stark zurückgegangen ist.
    Meine Frage: Was bedeuten die Sparmaßnahmen für mich als Vikar?

  11. 2005 lag das Nettokirchensteueraufkommen der EKiR bei 492 Mio. €, für 2013 kann man mit einem Aufkommen von mindestens 600 Mio. € rechnen. Das bedeutet eine Steigerung von ca. 24%!

    Bei allem Verständnis für die Bewältigung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche: es ist für mich kaum zu fassen, wie einmal mehr mit den Beschäftigten der Kirche umgegangen wird.

    Da sich weder die zukünftige Finanzentwicklung, noch zukünftige Versorgungsansprüche verlässlich berechnen lassen, handelt es sich bei den Sparvorgaben um eine politische Entscheidung. Ich hoffe sehr, dass der kommende Diskurs ergebnisoffen geführt wird.

    Eine ausführliche Argumentation bald auf http://www.zwischenrufe-diskussion.de

    Abschließend: 1970 lag das Nettokirchensteueraufkommen der rheinischen Kirche bei ca. 200 Mio. €. Damals hatte die rheinische Kirche etwa 3,85 Mio. Mitglieder. Heute sind es 2,74 Mio. bei einem Kirchensteueraufkommen von an die 600.000 Mio. Fazit: Ein Drittel weniger Mitglieder bei gleichzeitiger Verdreifachung des Kirchensteueraufkommen.

  12. Besten Dank, lieber Bruder Volk, für Ihre kompetenten Finanzzahlen! Seit ich (geb. 1960) als rheinischer Pfarrer im Dienst bin, ist die Anzahl evangelischer Gemeindeglieder um 20 % gesunken, das Kirchensteuer-Aufkommen jedoch um 10 % gestiegen. Für 2012 wird gegenüber dem Vorjahr ein erneuter Anstieg um 4 % prognostiziert – wo bleibt das landeskirchliche Formular für einen Dankgottesdienst? Arbeitstitel „Und sie sprudelt doch: unsere Kirchensteuer!“

    Nun vermasselt uns aber Präses Rekowski mit seiner 35-%-Sparvorgabe ziemlich die Sommerferien. Welche brandaktuelle und hochdramatische Prognose hat unsere Kirchenleitung denn derart in Angst und Schrecken versetzt? Bisher steht die Evangelische Kirche im Rheinland finanziell (trotz bbz) sehr gut da – und jetzt sollen wir ein Drittel von alledem einfach so kaputt sparen?!

    Der demographische Faktor ist wohl schuld: „Die Hälfte unsrer derzeitigen Kirchensteuerzahler ist 55 Jahre alt oder älter.“ Das könnte in der Tat zum Problem werden. Aber diese vielen alten Zahler fallen ja (hoffentlich) nicht mit Eintritt in den Ruhestand tot um. Renten unterliegen zunehmend mehr der Steuerpflicht, und warum nicht ein „Rentner-Sonderopfer“ für die (von ihnen ja durchaus genutzte) Kirche entwickeln?!

    Ich finde, wir sollten darauf vertrauen, dass Gott seine Kirche auch am Rhein nicht untergehen lässt – und dann kreativ (also nicht bloß mit dem Spar-Hammer) nach Lösungen für anstehende Probleme suchen.

  13. Ich möchte nicht meinen Namen veröffentlicht sehen, auch aus Angst vor meinen Vorgesetzten.
    Aber eins müssen wir doch sehen. Bis vor kurzer Zeit war Nikolaus Schneider verantwortlich für die Rheinische Kirche. Und er hat geschwiegen, wenn nicht sogar beschönigt, und jetzt trägt er Verantwortung für die gesamte Kirche.
    Mir wird flau im Magen…..

  14. Danke erst einmal an Präses Rekowski für deutliche und ehrliche Worte. Gut, dass Sie sich direkt der Kritik aussetzen und nicht andere vorschicken. Das ist mutig! Nichtsdestotrotz fehlen angesichts der nackten Zahlen der Einnahmen die Argumente für die Einsparungszwänge. Anscheinend stehen den erhöhten Einnahmen (s. den Beitrag von Hans-Jürgen Volk) seit 1970 auch immens erhöhte Ausgaben gegenüber. Die Frage ist: Wofür? Die Antwort sollte differenziert ausfallen und inhaltlich angelegt sein – nicht um die Rufe nach Sparmaßnahmen lauter werden zu lassen (die hören wir doch jedes Jahr), sondern um sich stark zu machen für Inhalte. Wenn uns bisher Inhalte bzw. Arbeitszweige so wichtig waren, dass dafür mehr Geld ausgegeben wurde, dann müssen wir Wege finden, sie weiter zu finanzieren und nicht über Einsparungen nachdenken!

  15. Sehr geehrter Herr Präses Rekowski,

    betriebsbedingte Kündigungen sind sozialethisch ein Tabu, und das sollte auch so bleiben. (Ohne Arbeitsplätze keine Steuern..)
    Herzliche Grüße! Doris Straßburger

  16. Lieber Bruder Präses,
    die Art und Weise der Veröffentlichung Ihres Schreibens zur „Aufgabenkritik“ war zumindest aus der Gemeindeperspektive sehr ärgerlich. Als Gemeindepfarrer habe ich die erste Information dazu in den Nachmittagsnachrichten von WDR 2 gehört. Schade, dass niemand in Ihrem Umfeld darauf gekommen ist, den o.a. Brief vor der Veröffentlichung auch über den Verteiler zu versenden, über den jüngst der Brief „Perspektiven auf den Pfarrberuf“ geschickt wurde, nämlich an die „Pfarrerinnen und Pfarrer der Kirchengemeinden“ und an die „Presbyterien“!
    Was für ein furchtbarer und unnützer Alarm ist da ausgelöst worden. Furchtbar und unnütz, weil die spärlichen öffentlichen Informationen seltsame Phantasien freisetzen, etwa: „Welche Leiche ist denn da im Keller gefunden worden?“ und weil bis heute keine wirklich genauen, nachvollziehbaren Gründe bekanntgemacht wurden, außer ein paar von Stichworten (Zinsniveau, Versorgungssicherungsumlage, Beihilfesicherungsumlage, Substanzerhaltungspauschale, demographische Entwicklung, 35%ige Einsparung bis 2018, Sondersynode, betriebsbedingte Kündigungen).

    So bleibt das angestrengte Nachdenken und die feste Überzeugung, dass die Landeskirche auf einmal ganz überrascht festgestellt hat, wie sehr das eingeführte/einzuführende Neoliberale Kirchliche Finanzwesen (NKF) die eigene Handlungsfähigkeit nicht nur infrage stellt sondern extrem gefährdet oder gar in Teilen unmöglich macht – natürlich auch in den Gemeinden.

    Aus ecclesiologischer Verantwortung und aus Verantwortung vor den (betriebsbedingt zu kündigenden) MitarbeiterInnen und den zu kürzenden bzw. aufzugebenden Arbeitsbereichen erwarte ich,
    • dass auf der Sondersynode umfassend und transparent dargestellt wird, welcher Anteil der „Finanzprobleme“ allein der Umstellung zum Neoliberalen Kirchlichen Finanzwesen (Abschreibungsproblematik, Substanzerhaltungspauschale etc.) geschuldet ist;
    • dass darüber informiert wird, welche Teile der „rheinischen Variante des Neoliberalen Kirchlichen Finanzwesens“ modifizierbar sind, um die pauschale Ansammlung von Kapital zurückzufahren;
    • dass zur Information über die Finanzlage der rheinischen Kirche die Analyse des Kollegen Hans-Jürgen Volk mit den Sitzungsunterlagen versendet – und besser, dass er als Referent eingeladen wird ….

    Lieber Bruder Präses, wenn letzteres nicht gewollt ist, weil sich schon längst das neoliberale Kirchenverständnis bei denen durchgesetzt hat, die die synodalen Beschlüsse forcieren, dann sollte doch bitte zu Beginn der Sondersynode der Artikel 7 unserer Kirchenordnung entsprechend neoliberal verändert werden.
    Denn nach diesem Artikel wird m.E. schon seit geraumer Zeit ein permanenter Verfassungsbruch auf allen synodalen Ebenen begangen:
    Denn “Sie (die Gemeinde – und damit nach unserer noch immer gültigen presbyterial-synodalen Ordnung auch die anderen synodalen Ebenen) hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Mittel aufzubringen.“ KO Art 7,3
    So herum soll es nach unserer Kirchenordnung gehen: die Aufgaben entdecken und festschreiben und die dann dafür nötigen finanziellen Mittel aufbringen. Natürlich wird sich die eine oder andere Aufgabe auch mal erledigen, aber nicht, weil kein Geld da ist oder weil gespart werden muss, sondern weil sie nicht mehr notwendig ist.

    Sorry, zum Schluss noch was:
    Zu all dem macht es mich auch traurig, dass Menschen in „meiner Kirche“ Angst vor Repressalien haben, wenn sie ihre Meinung frei äußern, wie der Vikar bzw. der Mitarbeiter weiter oben…..
    Meinen Sie nicht, dass wir an dieser kirchlichen Wirklichkeit mal arbeiten sollten?

  17. Sehr geehrter Herr Präses Rekowski,
    aus bereits genannten Gründen, möchte auch ich anonym bleiben und bitte diesbezüglich um Verständnis.
    Viel gibt es zu tun in diesen Tagen und Sie lassen sich darauf ein, strecken die Hände aus, anstatt sie im Schoß ruhen zu lassen. Prima. – Am Verfahren selbst jedoch habe ich so meine Zweifel. Wer wird eingeladen zu Zukunftswerkstätten? Wer ist Landessynoden-Abgeordneter? Wer sitzt in den Ausschüssen geschweige denn in deren Vorsitz? Es ist mehrheitlich die Generation 45+. Jene, die beim Hinweis auf die Veränderungen bis zum Jahr 2030 schon mal mit den Schultern zucken und lauthals sagen: „Na ja, wer lebt von uns da noch …?“ Warum werden denn junge Menschen nirgendwo in diese Prozesse eingebunden? Sie sind es, die die Veränderungen am stärksten treffen und die sie am längsten zu tragen haben werden. Sie sind kirchlich gesehen (sowohl Gemeindeglieder als auch Mitarbeitende und Pfarrstelleninhaber) nicht die größte Gruppe. Trotzdem haben sie eine Menge Potential.
    Ich wünsche mir, dass darüber nachgedacht wird, wie Strukturen geschaffen werden können, dass gerade diese Altersgruppe nicht wieder von Beratungen ausgeschlossen wird. Faktsich ist das nämlich der Fall, wenn die „Mitredenden“ aus den genannten Kreisen rekrutiert werden, in die man sich erst jahrelang hochdienen muss.
    Sollte denn nicht gerade auch auf das gehört werden, was Vikare, z.A.’ler, mbA’ler aus dem theol. Nachwuchs, Pfarrstelleninhaber in den ersten Amtsjahren zu sagen / beizutragen / wünschen haben? Bedauerlich und schmerzlich ist die Annahme, dass man auf diese Stimmen verzichten kann …

  18. Sehr geehrter Herr Präses Rekowski,
    ich spreche für die Mitglieder des Presbyteriums meiner Kirchengemeinde (Stieldorf-Heisterbacherrott, Kirchenkreis an Sieg und Rhein), wenn ich Irritation darüber äußere, daß wir zunächst über die Medien vernommen haben, daß die Evangelische Kirche im Rheinland bis zum Jahre 2018 35% ihrer Ausgaben einsparen müsse. Gemeindemitglieder haben uns darauf angesprochen, ohne dass uns die Kirchenleitung vorab differenziert informiert hätte. Dies ist inzwischen durch Ihr Schreiben vom 17. Juli geschehen, für das wir Ihnen danken. Die von Ihnen (der Sie wohl ein schweres Erbe angetreten haben) skizzierte Situation macht uns gerade vor dem Hintergrund der Ausgaben für bbz und NKF besonders betroffen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Renate Kremer

  19. Lieber Bruder Leich,

    mit Ihrem Verweis auf das „neo-liberale kirchliche Finanzwesen“ verweisen Sie auf Befürchtungen, die sich mit dem NKF verbinden und die nachvollziehbar – gleichwohl nicht zwingend sind.

    Der Kern der Befürchtung richtet sich darauf, dass das NKF in seiner Umsetzung ein Denken in Profit-Center-Kategorien befördert und Automatismen in Gang setzt, die eine Eigendynamik entfalten.
    Insbesondere zum ersten Punkt werden Sie selbst die Erfahrung gemacht haben, dass dieses in Kommunen auch teilweise passiert.

    Ausschlaggebend dafür, ob das NKF eine neo-liberale Ausrichtung bekommt, ist jedoch nicht das NKF selbst, sondern seine Verwendung. Ich bin der Überzeugung, dass es mit dem NKF besser möglich ist, zukünftige Risiken und Verpflichtungen darzustellen als dieses in der Kameralistik der Fall ist. Und ich bin auch der Ansicht, dass es für uns auch als Kirche wichtig und notwendig ist, zukünftige Verpflichtungen und auch Risiken in der Finanzplanung zu berücksichtigen.
    Ebenso ist es mir jedoch ein Anliegen, als finanzverantwortliches Mitglied der Kirchenleitung dafür Sorge zu tragen, dass wir uns immer bewusst sind und bleiben, dass die Bedeutung der Aufgaben in unserer Kirche nicht an ihrer Wirtschaftlichkeit gemessen werden dürfen. Nehmen Sie es als eine persönliche Erklärung aus meiner Funktion, aber vor allem aus meiner Überzeugung heraus, dass ich es als meine Aufgabe ansehe, einer neo-liberalen Umnutzung des NKF mit Entschiedenheit vorzubeugen.

    Das heißt aber, dass wir als Landeskirchenamt mit seinen Einrichtungen auch eine Verantwortung haben, Schwerpunkte so zu setzen und verantwortlich mit verfügbaren, begrenzten Mitteln und Möglichkeiten umzugehen, das unser Wirken nachhaltig sein kann.

    Dazu gehört, dass wir derzeit das Zusammenwirken von Abschreibung und Substanzerhaltungspauschale neu erörtern und in einem diskursiven Prozess auch unter dem Eindruck der Erfahrungen, die gemacht werden, neu bewerten. Das NKF setzt für uns als Kirche aus sich heraus keine Regeln, die in der Weise zwingend sind, dass wir es unterlassen müssen bzw. dürfen, sie kritisch auf ihre Sinnhaftigkeit für unseren kirchlichen Auftrag zu überprüfen. Und dieses tun wir auch – auch aufgrund meines Interesses daran, das ich aufgrund meiner finanziellen und christlichen Verantwortung empfinde.
    Wir hoffen noch in diesem Jahr ein Verfahren im Zusammenhang mit Abschreibung und Substanzerhaltung entwickelt zu haben, das den von Ihnen beschriebenen Automatismus vermeidet.

    In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre kritische Reflexion, versichere Ihnen aber auch, dass ich in meiner Funktion und meiner Person dafür eintrete, dass eine Entwicklung unserer Kirche in Richtung neo-liberaler Denkmuster mit der von Ihnen befürchteten Orientierung am Markt als Leitlinie nicht eintritt.

  20. @Hans-Jürgen Volk:

    Es ist eigentlich ganz einfach und nachvollziehbar.

    Derzeit gehen jedes Jahr etwa 35 rheinische Pfarrerinnen und Pfarrer in Pension. Deren Ruhestandsgehalt kann man noch gut aus den laufenden Kirchensteuern und den vorgesehenen Rücklagen bezahlen.

    In den Jahren zwischen 2020 und 2030 werden jedes Jahr ca 135 Pfarrerinnen und Pfarrer in den Ruhestand treten (also ca. 1350 Pfarrerinnen und Pfarrer bei gegenwärtig ca. 1800 Pfarrstellen). Sie haben alle einen Rechtsanspruch auf ihre Pension.

    Die Faustformel in der EKiR besagte, dass ca. 10 Prozent der Kirchensteuer in die Pensionskasse fließen soll, damit daraus Rücklagen für die Pensionen und die Pensionen bezahlt werden.

    Spätestens 2006 wurde der Kirchenleitung versicherungsmathematisch bescheinigt, dass der Prozentsatz auf über 60 Prozent im Jahre 2030 ansteigen wird, wenn nicht gegengesteuert wird. Sie selber beklagen in Ihrem Blog, dass die EKiR inzwischen über 25 Prozent in entsprechende Rücklagen steckt.
    Durch die gegenwärtige Zinsentwicklung werden diese Bemühungen zurück geworfen. Weitere Sparmaßnahmen werden dringend nötig.

    Da Sie sich jetzt öffentlich gegen diese Maßnahmen aussprechen, würde ich Sie gerne fragen: Sind Sie als Rheinischer Pfarrer bereit, öffentlich einen Verzicht auf Ihre Pension oder auch nur auf Teile davon auszusprechen?

    Können Sie sich vorstellen, dass sich von den dann über 1700 betroffenen Pensionären (nur unter den Pfarrerinnen und Pfarrern, weitere Kirchenbeamte kommen noch hinzu) ein relevanter Teil diesem Pensionsverzicht anschließt?

    Da auf diese Pensionen ein Rechtsanspruch besteht, müssten im Zweifelsfall entsprechende kirchliche Angestellte entlassen werden, um diesen Rechtsanspruch erfüllen zu können.

    Was würden Sie einem entsprechenden weltlichen Unternehmen vorwerfen, dass diese Überlegungen nicht in seine Planung einbezieht und wissentlich auf die Insolvenz zusteuert nach dem Motto: Die Finanzmärkte sind zu unsicher, es wird schon irgendwie anders gut gehen.

    Was mich in den letzten sieben Jahren immer mehr verblüfft, ist die Gelassenheit der verbeamteten Kolleginnen und Kollegen, dass die EKiR es schon irgendwie schaffen wird, die Pensionen auszuzahlen, obwohl das strukturelle Defizit in den nächsten 70 Jahren über 1 Milliarde Euro beträgt.

    Es geht ja nicht nur um diese Pensionen, sondern auch um die vielen Stellen kirchlich Angestellter, die ohne sofortiges Gegensteuern in wenigen Jahren massenweise entlassen werden müssten, weil sie auf ihre Stellen eben keinen Rechtsanspruch haben.

    Das Gleichnis von den Talenten sagt vor allem: Nichthandeln und hoffen, dass es so schlimm schon nicht werden wird, geht nicht. Die Kirche hat eine Verantwortung. Ihnen gegenüber und Ihrer Pension genauso wie gegenüber den Angestellten und Arbeitern, deren Stelle gemeinsam mit Ihrer Pension in Gefahr gerät.

    Richtig ernst wird es spätestens in grob 20 Jahren. Haben Sie wirklich keine Angst um Ihre Pension?

  21. Lieber Bruder Präses,

    was die Art der Veröffentlichung Ihres Schreibens angeht, schließe ich mich gerne Frank-D. Leich an. Wie groß der Vertrauensverlust der Landeskirche, den Sie ja selbst auch feststellen, mittlerweile ist, erkenne ich an den Fragen, die sich mir aufdrängen.
    Z.B. war der Zeitpunkt vielleicht bewusst gewählt, um über die Sommerpause Gras über die Sache wachsen zu lassen?
    Waren Sie nicht selbst Mitglied der Kirchenleitung, deren ‚Versagen‘ Sie jetzt feststellen?
    Dass die Zinshöhe bei den Festgeldern längst nicht mehr den Inflationsschwund deckt, berücksichtigen wir in der Gemeinde schon seit mindestens 6 Jahren – aber wir haben ja nur eine kleine und fachlich unqualifizierte Gemeindeverwaltung (allerdings gibt es hier klare Verantwortlichkeiten und vor allem eine Identifikation mit der eigenen Gemeinde mit der Folge eines soliden Haushaltes mit schwarzen Zahlen – aber das wird ja dank Verwaltungsstrukturreform bald der Vergangenheit angehören!). Aber man fragt sich schon, wieso so etwas Einfaches niemandem in der KL auffällt?
    Ach ja, fast vergessen: wie war das mit der Auflösung der Rücklage für den Sonderdienst, der als warmer Geldregen im Herbst letzten Jahres in die Gemeinden kam – gerade rechtzeitig um die Wellen zu glätten für die Landessynode?
    Vielleicht ist das ja alles ganz anders, aber mir kommt immer nur eines in den Sinn: Taktieren für Macht.
    Und mir scheint, dass gerade die Strukturen, die jetzt für das (nicht ausdrücklich so genannte) Missmanagement in der Landeskirche verantwortlich gemacht werden, nun durch die Verwaltungsstrukturreform auch auf den anderen Ebenen eingeführt werden sollen. Und die Zentralisierung wird Unübersichtlichkeit in der Verantwortung und Beliebigkeit / Austauschbarkeit statt Identifikation der Beteiligten zur Folge haben.
    Lieber Bruder Rekowski, gerne hätte ich Ihnen ein mutmachendes Feedback für Ihre schwere Aufgabe übermittelt, aber so lange nicht offen über Mit-Verantwortung und Mit-Schuld gesprochen wird, muss es beim Vorwurf bleiben.
    Es erfüllt mich mit hilfloser Wut, dass auf höchster Ebene Fehler gemacht werden, ohne dass persönliche Konsequenzen erkennbar werden, während wir als intakte und finanziell gesunde Gemeinde durch ein System der Zentralisierung krank gemacht werden.

  22. Manfred Rekowski sei sein Urlaub herzlich gegönnt, aber es wurden ja auch andere Mitglieder der KL angesprochen.
    Partizipation ist nur dann möglich, wenn offen gelegt, auf welcher Grundlage Überlegungen angestellt und Entscheidungen getroffen werden.
    Dies betrifft vor allem die in diesem Blog mehrfach verwendeten Zahlen, die die Finanzsituation der EKiR zwischen 2020-2030 betreffen. Welche Grundannahmen liegen diesen Zahlen zu Grunde? Wie kommen Sie, lieber Herr Weusmann, zu dem Ergebnis, in welchem Umfang Versorgungsansprüche in diesem Zeitraum ausfinanziert sind? Legen Sie bitte die Art Ihrer Rechnungsweise offen, dann können wir uns damit auseinandersetzen, ob die Annahmen, die diesen Berechnungen zu Grunde liegen, auch nur halbwegs plausibel sind.
    Als ermutigend habe ich Ihren Beitrag, lieber Herr Baucks, empfunden, indem Sie sich persönlich verbürgen, dass NKF nicht im neoliberalen Sinne angewendet wird. Meine Frage an Sie: entspricht es nicht genau jenen neoliberalen Denkmustern, von denen Sie sich sehr glaubwürdig distanzieren, mit der sich abzeichnend Einseitigkeit Kapitaldeckung als Zukunftssicherung zu betreiben? Ich empfehle hierzu die Lektüre des ausgesprochenen sachkundigen Beitrags von Friedhelm Schneider unter http://wort-meldungen.de/?p=3498.
    Bernd Kehren hat in seinem letzten Beitrag einige wichtige Aspekte angesprochen. Er, der mit seinen Ansichten und Sorgen ja stellvertretend für etliche Menschen in der EKiR steht, erhält demnächst eine ausführliche Antwort auf http://www.zwischenrufe-diskussion.de.

    1. Lieber Herr Volk,

      als Antwort auf die Frage in Ihrem Kommentar folgende Information von Vizepräsident Johann Weusmann:

      Die EKD hat für alle Landeskirchen ein versicherungsmathematisches Gutachten über deren Pensions- und Beihilfeverpflichtungen erstellen lassen. Das Gutachten für die EKiR datiert vom Dezember 2012, ist jedoch nicht öffentlich zugänglich. Nach diesem Gutachten liegt der Ausfinanzierungsgrat der EKiR bei 27 bis 34 Prozent, je nach dem welchen Rechnungszins man zugrunde legt.

      Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter

  23. Danke für die Information. Damit sind meine Fragen allerdings keineswegs beantwortet. Ich versuche es mal anders herum.

    Nach meinem Kenntnisstand, der möglicherweise nicht mehr aktuell ist, gingen die bisherigen versicherungsmathematischen Gutachten von folgende Grundannahmen aus:
    1. Das Kirchensteueraufkommen sinkt im langjährigen Mittel um 1,2% p.a..
    2. Die ökonomischen Grunddaten der Gegenwart (Arbeitsmarktsituation, Einkommen der Kirchenmitglieder etc.) werden schlicht für die Zukunft hochgerechnet.
    3. Es gibt keine Veränderungen beim Steuerrecht.

    Korrigieren Sie mich bitte, wenn ich da falsch liege. Erkenntnisgewinn ist für mich eine Freude.

    Noch eins: Sie, lieber Herr Weusmann, sprechen von einem zusätzlichen Bedarf von 100 – 140 Mio. €, um zu einer Ausfinanzierung von 70% zu kommen. Das würde mindestens auf eine Verdoppelung der Versorgungssicherungsumlage hinauslaufen. Hinweis: diese wurde bereits von 11,56 € pro Gemeindeglied im Haushaltsjahr 2010 auf 20,70 € in 2011 drastisch erhöht.

    Bitte beantworten Sie die Fragen, die an Sie gestellt werden. Sie wollen doch „Entscheidungen im Dialog“ vorbereiten.

  24. Lieber Herr Volk,
    alle aktuellen Berechnungen beziehen sich auf den letzten Stand der Planzahlen und auf die bisherige Beschlusslage. Es sind keine subjektiven Erkenntnisse hinzugefügt worden. Auch das versicherungsmathematische Gutachten, das für alle EKD-Mitgliedskirchen nach gleichen Kriterien erstellt wurde, gibt den Bedarf für die Versorgungs- und Beihilfesicherung wieder, ohne das wir daran irgendwelche Veränderungen vorgenommen hätten.
    Wir werden zunächst mit diesen Ergebnissen arbeiten und in den weiteren Beratungen der Gremien die Entwicklungen und notwendigen Maßnahmen diskutieren. Hierzu zählen auch die Rechtsverpflichtungen bei der Versorgung, die wir in den letzten Jahren eingegangen sind und denen wir nach dem aktuellen Stand nicht ausreichend nachkommen können. Welche Annahmen gegebenenfalls geändert werden müssen und den zu findenden Lösungen zugrunde gelegt werden und wie wir hier im Einzelnen vorgehen, werden wir wie angekündigt im Dialog mit allen Ebenen vorbereiten und in den dafür vorgesehenen Gremien beraten und beschließen. Dabei werden wir auch weiterhin auf eine offene und zeitnahe Kommunikation Wert legen.
    Lieber Herr Volk, mir liegt daher daran, dass wir die Diskussion nicht allein auf die Zahlen konzentrieren. Es geht auch um die Frage, welche landeskirchlichen Angebote zukunftsfähig sind. Wir müssen uns sowohl mit dem „ob“ als auch dem „wie“ der Aufgabenerfüllung befassen. In einigen Bereichen kann weniger mehr sein, in anderen Bereichen müssen wir uns den Herausforderungen ganz anders stellen, um den kirchlichen Auftrag wirkungsvoll zu erfüllen. Und gerade dabei ist der Dialog wichtig und unverzichtbar.
    Herzliche Grüße
    Ihr Johann Weusmann

  25. Liebe Leserinnen und Leser des Blogs,

    bevor ich zu einigen Anfragen konkret Stellung nehme, möchte ich zwei grundsätzliche Bemerkungen vorab machen:

    Mich persönlich bewegt die u.a. von E. Hauschildt und U. Pohl-Patalong in ihrem Buch „Kirche“ festgestellte „Relevanzkrise“ (Seite 289, 306) mehr als die „Finanzkrise“. Wenn in der von der Bertelsmannstiftung vor einigen Wochen vorgelegten Studie „Religionsmonitor“ ermittelt wurde, dass für einen erheblichen Anteil der Protestanten Religion keine große Bedeutung hat (http://www.religionsmonitor.de/pdf/Religionsmonitor_Deutschland.pdf – Seite 18), dann ist das für mich ein alarmierendes Zeichen. Ich habe mich in meinem bisherigen pastoralen Dienst und in langjähriger Leitungsverantwortung immer wieder gefragt, ob es uns in unseren bisherigen Arbeitsformen und –strukturen ausreichend gut gelingt, Menschen unterschiedlicher Milieus zu erreichen. Schaffen wir es, uns mit den Worten, in denen wir vom Glauben reden, verständlich zu machen? Wird in unserem seelsorglichen und diakonischen Tun wenigstens ansatzweise der christlichen Gegenentwurf zu den bestehenden Verhältnissen erkennbar? Es ändern sich nicht nur finanzielle Rahmenbedingungen, sondern Lebenswelten von Menschen. Wie kommunizieren wir das Evangelium? Wie werden wir Gemeinde und Kirche, die über sich hinauswächst? Notwendig ist eine veränderungsfähige Kirche. An diesen Stellen müssen wir uns bewegen.

    Bei den Finanzen werden wir nicht nur das bestehende strukturelle Defizit im landeskirchlichen Haushalt ausgleichen müssen. Wir werden auch klären müssen, wie wir mit langfristig eingegangenen bzw. bestehenden Verpflichtungen (z.B. Beihilfe und Versorgung) umgehen. Dies sind wir auch der nächsten Generation schuldig. Wir müssen aber auch die Langzeitwirkung der Mitgliederentwicklung der letzten Jahrzehnte (seit 1970 hat die EKiR mehr als 30 Prozent der Mitglieder verloren) und die demografische Zusammensetzung des Mitgliederbestandes ernst nehmen. Von einer weitgehend vorhandenen Stabilität der Einnahmen in Zukunft kann nicht ausgegangen werden kann. Ein Prozess des kontinuierlichen Kleinersetzens, bei dem es nicht auch zu einer Aufgabe von Aufgaben kommt, führt letztlich dazu, dass der gleiche Arbeits- bzw. Aufgabenumfang mit weniger Personal erledigt werden muss. Diese Entwicklung würde dauerhaft zu unbefriedigenden Ergebnissen und zur Überforderungen der Menschen, die in unserer Kirche arbeiten, führen. Schließlich müssen wir vermeiden, dass Kürzungen („Sparmaßnahmen“) das dominierende und kontinuierlich wiederkehrende Thema kirchlichen Leitungshandeln wird. Deswegen ist ein sich an der finanziellen Gesamtlage unserer Kirche orientierter grundlegender Umbau landeskirchlicher Arbeit erforderlich. Wir werden dabei „Kirche für andere“ bleiben – unabhängig von unserer Finanzkraft und Größe des Mitgliederbestandes.

    Zu einigen Bemerkungen und Anfragen möchte ich konkret Stellung nehmen:

    Ich verstehe den von einigen geäußerten Ärger, Zorn und die Wut durchaus. Die Kirchenleitung will eine offene Diskussion und wird sich in den nächsten Wochen an unterschiedlichen Orten im Rheinland in öffentlichen Veranstaltungen der Diskussion stellen. Dass wir auch Widerspruch und Kritik brauchen, um zu guten und möglichst breit getragenen Lösungen zu kommen, ist für uns selbstverständlich.

    Die Kirchenleitung wird sich intensiv um sozial verträgliche Lösungen bemühen und alles tun, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Es gehört aber zur Redlichkeit, dass man nicht etwas verspricht, was möglicherweise trotz aller Bemühungen nicht erreicht werden kann. Aber es ist unser Ziel, sozialverträgliche Lösungen zu finden.

    Die Frage nach Verantwortlichkeit ist immer erlaubt. Aber sie ist nicht immer einfach zu beantworten. Ein Beispiel: Ich selbst gehöre zu der Theologengeneration, die davon profitiert hat, dass die Versorgungsbeiträge – heute müssten wir sagen: unverantwortlicherweise – von dem zuständigen Leitungsorgan herabgesetzt wurden und so die finanziellen Spielräume vergrößert wurden. Den Preis für diese nicht mehr korrigierbare Entwicklung – Verlagerung der Kosten in die Zukunft – zahlen wir heute gemeinsam.

    Als Kirchenleitung bemühen wir uns offen und transparent mit der gegenwärtigen Situation umzugehen. Wir sehen dabei auch klar: Entscheidungsvermeidung ist keine Lösung.

    Noch einmal: Es geht um die Frage, wie wir unter veränderten Bedingungen „Kirche für andere“ sein können. Darüber wird öffentlich zu diskutieren und in den Gremien unserer Kirche zu beraten und zu entscheiden sein.

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Landeskirchenamt

    Ihr

    Manfred Rekowski

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