ForuM-Studie: Es braucht ein Hören auf die Betroffenen – aus einem Brief an die Gemeinden

26.1.2024

Thorsten Latzel

Am Donnerstag, 25. Januar, wurden die Ergebnisse der ForuM-Studie veröffentlicht. Sie bietet eine eingehende Analyse zu sexualisierter Gewalt in unserer Kirche und Diakonie, zu den ...

Am Donnerstag, 25. Januar, wurden die Ergebnisse der ForuM-Studie veröffentlicht. Sie bietet eine eingehende Analyse zu sexualisierter Gewalt in unserer Kirche und Diakonie, zu den Strukturen und Bedingungen, die sie begünstigen. Das Leid der Betroffenen, die Anzahl der Fälle und das institutionelle Versagen sind erschütternd. Wie viele andere fühle ich Entsetzen, Ärger und tiefe Scham angesichts dessen, was Menschen in unseren Gemeinden und Einrichtungen erleiden mussten. Als Betroffene Hilfe und Aufklärung suchten, stießen sie in unserer Kirche zu lange und zu oft auf taube Ohren – und sie erfahren dies noch immer: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Als evangelische Kirche sind wir unserem eigenen Anspruch im Umgang mit Betroffenen nicht gerecht geworden. Sexualisierte Gewalt gehört zur Schuld unserer evangelischen Kirche. Es braucht ein Hören auf die Betroffenen und darauf, was wir aus der Studie lernen können. Aufarbeitung ist die Voraussetzung, um sexualisierter Gewalt wirksam vorzubeugen. Betroffene haben ein Anrecht darauf. Und sie ist ein dauerhafter Prozess, den wir weiter verfolgen – ohne jedes Ansehen von Person und Institution. Die Landessynode hat in ihrer Tagung vor anderthalb Wochen ihren klaren Willen bekundet, sexualisierter Gewalt in unserer Kirche klar und konsequent zu begegnen.

Als Präses bitte ich Sie daher: Sprechen Sie das Thema offen an. Hören Sie Betroffenen zu. Helfen Sie aufzuklären und vorzubeugen.

Zugleich möchte ich Sie bitten, gemeinsam in Stille und Gebet das Leid der Betroffenen vor Gott zu bringen.

Dr. Thorsten Latzel, Präses

 

Eine Minute STILLE

Gott,
Du siehst das Leid und Unrecht, das Menschen erleiden mussten:
in unseren Gemeinden, in unseren Einrichtungen, in unserer Kirche.
Du weißt auch, wie oft ihnen nicht zugehört oder geglaubt wurde.
Wir bitten dich für alle, die sexualisierte Gewalt erleiden mussten:
Lindere die tiefen Verletzungen ihrer Seele.
Lass sie offene Ohren und Hilfe finden.
Stell ihnen Menschen an die Seite, die sie begleiten und stärken.
Und lass uns selbst solche Menschen für andere sein.
Wir bitten dich für unsere Kirche und unsere Gemeinden:
Mach ein Ende mit allem Wegsehen und nicht Wahrhaben wollen.
Schenk uns den Mut, aufzuklären, nachzufragen, vorzubeugen.
Nur die Wahrheit wird uns freimachen.
Gott, hilf uns einzukehren, um umzukehren.
Vergib uns, wo wir Betroffenen nicht gerecht geworden sind.
Schenk uns deinen Geist der Wahrheit
und mach uns frei von den falschen Idealbildern von uns selbst.
Das bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Bruder und Herrn.
Amen.

 

Foto: epd-Bild/Jens Schulze

Beiträge zu “ForuM-Studie: Es braucht ein Hören auf die Betroffenen – aus einem Brief an die Gemeinden

  1. Ich finde es sehr gut, d a s s der Praeses auf die Forum Studie eingegangen ist, sie also nicht wegen angeblicher wichtigerer Dinge links liegen gelassen hat, und w i e er es getan. Im Unterschied zu der Pfarrerin, die das Wort zum Sonntag am 26. 01. in der ARD gesprochen hat, stellt er sich nicht über die Kirche oder abseits der Kirche, sondern er spricht wiederholt von „unserer“ Kirche oder davon, was „wir“ versäumt, wo „wir“ versagt haben, was „wir“ neu lernen und beachten müssen. Ich finde, anders als so, daß er oder sie sich mit einbezieht, auch wenn er oder sie nicht betroffen sind, kann jemand, der zur evanglischen Kirche gehört, nicht über diese schrecklichen Dinge sprechen und schreiben.

  2. Gott,
    wo warst Du als Pfarrer X das kleine Mädchen missbrauchte und Pfarrer Y junge Mädchen „auserwählte“ und Sie zu seiner
    Freude gebrauchte?
    Immer noch leiden Sie und viele Andere, manchmal wissen Sie gar nicht warum, weil sie das Geschehene verdrängten und vergaßen um zu überleben.
    Gott ein Glück ist, wenn wir darüber reden dürfen, wenn uns gegeglaubt wird.
    Aber immer noch sind zu Viele im Dunkeln, trauen sich nicht ans Licht.
    Gib den Verantwortlichen in unserer KIrche etwas weniger große Worte, etwas mehr Bescheidenheit.
    Gib Ihnen das woran man spürt, da ist auch das verletzte KInd angenommen und angekommen.
    Schenke uns allen Kreativität, die Heilung fördert,
    schenke uns den Mut zu sagen, dass es keine sichere Kirche gibt,
    und deshalb schenke uns Augen die hinschauen
    und gib uns Worte, die keinen in Schutz nehmen.
    Und nimm uns die Angst davor.

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